Bericht über die Tausendjahrfeier in Saaz

Von Uta Reiff | Verfasst für den „Heimatbrief Saazerland“

Nun ist sie also vorbei, die große Feier. Von uns ehemaligen Saazern war nur eine Handvoll da. Die nicht da waren, haben sich interessante und bewegende Tage entgehen lassen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAUm neun Uhr am Samstag, 11. September, war im Theater die „Feierliche Begrüßungsveranstaltung, Saaz begrüßt seine Landsleute aus aller Welt.“ Die Feier selbst begann damit, dass drei Jugendliche auftraten, die uns in tschechisch, deutsch und englisch begrüßten und am Ende wieder verabschiedeten und uns baten, bald wiederzukommen, möglichst vor Ablauf des nächsten Jahrtausends. Den Ablauf des Vormittags im Einzelnen zu beschreiben, ist aus Platzgründen hier nicht möglich. Außerdem war dieser Vormittag ganz in tschechisch, und das verstehe ich leider nur sehr schlecht.

Der Samstagvormittag im Theater und die Aufstellung der riesigen Geburtstagstorte war allein von den Sdruzeni Rodaku a Pratel Mesta Zatce, kurz Rodaci  („Vereinigung der Landsleute und Freunde der Stadt Saaz“), dem tschechischen Partnerverein des Fördervereins und des Kulturkreises Saaz, veranstaltet worden. Das weitere Programm aber war vom Förderverein, vom Kulturkreis Saaz und von den Rodaci gemeinsam geplant.

Nach der Veranstaltung im Theater fuhren wir mit dem Bus zum jüdischen Friedhof, der jetzt schon in einem besseren Zustand ist. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Teplitz, Oldrich Latal, und Otokar Löbl hielten kurze Ansprachen und enthüllten einen Gedenkstein.

Danach wartete ein Empfang im Rathaus auf die deutschen Teilnehmer. Herr Bürgermeister Farkota hieß uns willkommen. Dann gab es ein sehr reichhaltiges Büffet und Getränke aller Art. Es war für uns viel zu viel; man hatte wohl mit mehr deutschen Teilnehmern gerechnet.

Die Presse war auch da und interviewte einige Teilnehmer, darunter auch mich. Ich wurde nach meiner Beziehung zu Saaz gefragt, zu meiner Vertreibung und meinen damaligen Erlebnissen und ich erzählte offen und wahrheitsgemäß davon. Das Interview wurde in Englisch geführt .

Am Nachmittag spielten auf dem Marktplatz bei herrlichem Wetter die Saazer Blaskapelle und eine Country-Gruppe. Dazu wurde die größte Geburtstagstorte der Welt aufgestellt mit tausend Kerzen. Ein wahrhaft imponierender Anblick, und die Saazer hoffen, damit ins Guinness-Buch der Rekorde zu kommen.

Um 18 Uhr fand ein Empfang im Kulturhaus statt. Verschiedene Redner, u. a. Bürgermeister Ing. Jiri Farkota, der Vorsitzende der Rodaci. Mgr. Petr Šimaček, und Otokar Löbl ergriffen das Wort. Der Zweite Bürgermeister von Roth, Herr Peter Grimm, sprach auch kurz und hob hervor, dass auf kommunaler Ebene die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Tschechen besser klappt als weiter oben.

Herr Prof. Dr. H. Voitl hielt eine viel beachtete, hervorragende Rede in tschechisch. Eine solche offene Rede ist heute offiziell durchaus möglich und wurde auch von den tschechischen Teilnehmern des Empfangs mit Applaus bedacht. Wir können Prof. Voitl nicht genug danken für diese wohlüberlegte und gut durchdachte Rede, die die Dinge auf den Punkt brachte und nichts verschwieg, ohne einen Affront hervorzurufen. Das ist eben die Kunst!

Nach dem Empfang gingen wir zu dem Gesellschaftsabend. Es gab exzellente Musik von drei Kapellen, aber laut, wie das heute fast überall üblich ist.

Am Sonntag fand das bewegendste Ereignis statt: Eine Messe ganz in deutscher Sprache!! Es war wunderbar! Die Messe wurde vom Pfarrer Josef Simon aus Kriegern vollkommen in deutscher Sprache abgehalten, nicht nur mit deutschen Fürbitten oder Lesung in deutsch. Es war wohl die erste Messe in deutsch seit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung. Manchen von uns – so auch mir – kamen die Tränen. Eine neben mir stehende Tschechin war auch ganz gerührt und drückte mir mitfühlend die Hand. Ein Chor aus Podersam – engagiert von Josef Hasenöhrl, dem ich dafür ganz besonders danken möchte – umrahmte die Messe sehr würdevoll mit lateinischen Messgesängen.

Bei den Fürbitten wurde auch ausdrücklich der Opfer der grausamen Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg, der Opfer des Massakers in Postelberg und des Mordes an dem Kapuzinerpater aus dem Kloster in Saaz gedacht. Leider waren auch bei dieser Messe nur ganz wenig Deutsche da – wie schade!

Nach einem gemeinsamen Mittagessen traten die meisten von uns die Heimreise an. Es waren für uns denkwürdige Tage; Tage, über die man nachdenken kann.

Es ist schade, dass an diesem großen Fest nicht mehr vertriebene deutsche Saazer teilgenommen haben. Die Einladungen dazu lagen schon beim Saazer Treffen in Roth aus, am Sudetendeutschen Tag hat sie der Förderverein an seinem Stand ausgegeben. Im HBS Juli/ August wurde eine ganzseitige Einladung veröffentlicht und in Artikeln um Teilnahme gebeten. Bei Otokar Löbl haben sich ganze drei Leute angemeldet. Bei mehr deutschen Teilnehmern hätte der Förderverein und der Kulturkreis Saaz für deutsches Programm, Dolmetscher und Führungen in deutsch sorgen können. Unsere zahlreiche Präsenz hätte Eindruck gemacht. So waren wir ein verlorenes Häufchen, und bald wird sich niemand mehr an uns, die ehemaligen deutschen Bewohner von Saaz, erinnern.

Der Berichte wurde für die Homepage des Fördervereins redigiert.