Der Name Saaz ist weltweit berühmt durch den Hopfen, der nach ihm heißt. „Saazer Hopfen“ (englisch: Saaz Hop) gilt als exquisite Sorte, die weltweit zum Bierbrauen verwendet wird. Mittlerweiler wird er nicht nur in Tschechien angebaut, sondern in einer geschmacklichen Variante auch in den USA. Dem Ruhm des original Saazer Hopfens, der bereits im 11. Jahrhundert erwähnt wurde, tut diese „Auswanderung“ aber keinen Abbruch. Seit 2007 ist Žatecký chmel (Saazer Hopfen) eine geschützte Ursprungsbezeichnung der EU. Wer sich für Bier interessiert – und nicht nur der –, wird deshalb vorort in Saaz den „Hopfen- und Biertempel“ besuchen, wo er alles über dieses feine Würzmittel und seine Verwendung in der Braukunst erfährt. Anschließend kann er das Produkt aus der Hausbrauerei zu einer zünftigen Brotzeit genießen.
Der Gebäudekomplex, der sich „Hopfen- und Biertempel“ (Chrám chmele a piva) nennt, liegt in der sogenannten Prager Vorstadt (Horní Předměstí) von Saaz, wo im 19. Jahrhundert die großen Verarbeitungs- und Lagerhäuser des Hopfenhandels standen. Noch früher befanden sich hier die hussitischen Bollwerke gegen die katholischen Kreuzzügler, weshalb der Platz vor dem „Biertempel“ auch nach dem Hussitenführer Prokop Velky benannt ist. Neun Millionen Euro haben sich Stadtrat und EU – vor allem letztere – dieses Projekt kosten lassen, das die Renovierung anderer Objekte in der Prager Vorstadt einschließt, namentlich die alte Mälzerei, die hussitischen Schanzenreste, der Kapuzinerklostergarten sowie das lokale Versorgungsnetz. Einbezogen wurde auch das Hopfenmuseum, das bisher von einem Verein getragen wurde. Der Komplex wurde am 28. Oktober 2010 eröffnet und bewirbt sich mittlerweile um Aufnahme als technisches Denkmal in das UNESCO-Welterbe.
Hopfen- und Biertempel (Chrám Chmele a Piva)
nám. Prokopa Velkého 1951
CZ-43801 Žatec
Telefon +420 415 – 210 952 / 211 610 / 210 382
Email info@chchp.cz
Homepage
Weithin sichtbar ist der vierzig Meter hohe „Hopfenleuchtturm“, ein weiteres Wahrzeichen unter den Türmen von Saaz. Im Lift nach oben erwartet einen als Überraschung eine 3D-Animation, die man gesehen haben muss – mehr sei hier nicht verraten. Von der Aussichtsplattform sieht man weit über die berühmte Hopfenregion, das Saazer Land.
Nahe am Hopfenturm befindet sich das alte Hopfenlager. Hier wurde aus Hopfenballen ein originelles Labyrinth installiert, an dem vor allem Kinder ihren Spaß haben. Für weniger bewegliche Besucher ist diese Tour eher nicht geeignet. Man findet eine Alchimistenwerkstatt, einen „Hopfenzapfen“ (Hohlmaß für Hopfen), Bilder des Saazer Malers Lubomír Fárka und historische Fotos. Vom Labyrinth steigt man in den Wappensaal hinunter, der geschmückt ist mit den Wappen aller Gemeinden, in denen Saazer Hopfen angebaut wird. Ein Souvenirladen, in dem man T-Shirts, Ansichtskarten, Biergläser und anderen „Nippes“ rund um Bier und Saaz kaufen kann, fehlt natürlich auch nicht.
Die originelle und weltweit einzige Hopfenuhr (Chmelový Orloj) zeigt außer der Uhrzeit die Jahreszeiten an Hand von Szenen des Hopfenanbaus. Wie die viel ältere astronomische Turmuhr in der Prager Altstadt schlägt sie jede volle Stunde. Anstelle Aposteln erscheinen dabei jedoch im Fenster nicht die zwölf Jünger, sondern Motive aus dem Kartenspiel Mariage, andernorts auch als „Schnapsen“ bekannt.
Im kleinsten Brauhaus der Welt U Orloje („Zur Uhr“) werden Biere nach Rezepten eines Forschungsinstituts quasi unter den Augen der Besucher gebraut. Das abgelagerte Bier wird dann aus den Speichertanks für die Gäste im Restaurant gezapft. Dort kann man es zu den Spezialitäten der regionalen Küche genießen. Während der Sommermonate ist ein Biergarten geöffnet. Im Kindercafé haben dann auch die Kleinen ihren Spaß.
Im Garten an der Hausmauer findet man ein Denkmal für den ältesten Biertrinker von Saaz. Dessen Grab ist, wenn man der Homepage des Regionalmuseums glauben darf, „nicht zufällig am 1. April 2001 nahe der Pestsäule auf dem Marktplatz aufgetaucht“. Man habe neben dem Skelett, dessen Verformung auf ein Bäuchlein des Lebenden hindeutet, einen Halbliterkrug mit Spuren eines Hopfengetränks und eine Tontafel mit Strichen gefunden, wie sie heute auf Bierdeckeln gemacht würden. Dieser mit großer Ernsthaftigkeit weitergetriebene Aprilscherz verhalf dem Hopfen- und Biertempel zu seinem Logo und war der Stadt eine Gedenktafel wert. Man gab dem Ur-Saazer den Namen Lojza (Alois) Lupulín, in Anlehnung an den lateinischen Namen für Bierhopfen (Humulus Lupulus) und erklärte ihn zum Vertreter der Gattung Homo Lupulus („Hopfenmensch“). Damit verdiente er natürlich ein eigenes Museum (Muzeum Homolupulů), das in einem Gewölbe der hussitischen Bastei eingerichtet wurde (leider nur auf Anfrage im Touristikbüro geöffnet).
Im nahen Hopfenmuseum kann man sich auf 4.000 m2 mit der Entwicklung des Hopfenbaus vom Mittelalter bis zur Gegenwart vertraut machen. Das Gebäude selbst ist ein technisches Denkmal der industriellen Zweckarchitektur vom Ende des 19. Jahrhunderts. Man erfährt in der Ausstellung, warum gerade im Saazer Land der beste Hopfen der Welt geerntet wird, und wie er schon im Mittelalter vor Fälschungen geschützt wurde. Werkzeuge und historische Maschinen, alte Fotografien und Dokumente machen die Tradition von Hopfenanbau und -verarbeitung anschaulich. Auf kleine Besucher wartet das Wichtelmännchen Hop („Hopfen“), das Maskottchen des Museums.
Hopfenmuseum (Chmelařské muzeum)
nám. Prokopa Velkého 1952
CZ-43801 Žatec
Telefon +420 – 415 710 315 / 415 710 062 / 724 431 422
Email muzeum@chmelarstvi.cz
Homepage (nur tschechisch)
Nicht weit entfernt vom Hopfenmuseum, in der Masaryk-Straße (Masarykova ulice), befindet sich die alte Mälzerei, ein Renaissance-Bauwerk. Hier wurde nachweislich zwischen 1681 und 1775 Braugerste gemälzt und getrocknet. Im Hof gibt es einen Brunnen, denn gutes Brauwasser ist ganz wichtig für die Bierherstellung. Später wurde das Gebäude als städtischer Getreidespeicher genutzt. 1801 hat man es für Wohnzwecke umgebaut. Heute dient das Gebäude als Bildergalerie und Informationszentrum mit Internetcafé. Der Hintereingang (Abbildung) befindet sich in der Nakladni ulice.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch das kleinste Hopfenfeld der Welt am Marktplatz (námesti Svoboda), das kaum größer als eine Vierzimmerwohnung ist.