Gedenken in Böhmen an internierte und getötete Deutsche
Von Klaus Peter Schwarz | Frankfurter Allgemeine Zeitung 6. November 2009
Die nordböhmische Stadt Postelberg (Postoloprty) errichtet den Opfern eines der schlimmsten Nachkriegsverbrechen ein Denkmal. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Stadtrat auf der Grundlage der Empfehlung einer Expertenkommission, der Tschechen, Deutsche und Vertreter der jüdischen Gemeinde angehörten. Die tschechische und deutsche Inschrift soll lauten: „Allen unschuldigen Opfern der Ereignisse in Postelberg im Mai und Juni 1945“. Damals hatte eine Einheit der 1. tschechoslowakischen Division im Zuge der Erfüllung des Befehles, „das Terrain von feindlichen Elementen zu säubern“, die Deutschen in Kasernen und in einem früheren deutschen Internierungslager in Postelberg konzentriert, unter ihnen 5000 Männer aus Zatec (Saaz). Dort wurden sie ausgepeitscht und gefoltert, es gab öffentliche Hinrichtungen. 1947 wurden aus Massengräbern 763 Skelette exhumiert, darunter die von fünf Frauen, und in Krematorien verbrannt. Eine parlamentarische Kommission untersuchte die Vorgänge unter strengster Geheimhaltung, verzichtete unter Berufung auf das Straffreistellungsgesetz für Vertreibungsverbrechen jedoch auf die Einleitung von Strafverfahren.
Mitte der neunziger Jahre wurde ein auf Antrag des Schriftstellers Ludvík Vaculik eingeleitetes Verfahren „mangels Zeugen“ eingestellt. Deutsche, die das Massaker überlebt und sich dem Gericht als Zeugen angeboten hatten, wurden nicht angehört, da man ihnen eine „verzerrte Wahrnehmung“ unterstellte. Zuletzt wurden die Vorfälle neuerlich von der Polizei untersucht, die im Juni einen tschechischen Soldaten und einen Polizeioffizier für das Massaker verantwortlich machte. Beide sind verstorben.
Die Errichtung des Denkmals in Postelberg ist ein großer Erfolg des in Frankfurt ansässigen Fördervereins der Stadt Saaz/Zatec, der sich seit Jahren dafür einsetzt. Unter anderem hat der Förderverein eine Wanderausstellung zu den Vorgängen in Postelberg zusammengestellt, die in mehreren böhmischen Städten gezeigt wurde. Der Vorsitzende des Vereins, Otokar Löbl, hatte auch den Antrag an den Stadtrat formuliert, der jetzt in leicht modifizierter Form angenommen wurde.