Manuel Rommel
Am vergangenen Montag wurde im Haus der nationalen Minderheiten in Prag eine Ausstellung über das bedeutende deutschsprachige Werk von Johannes von Saaz eröffnet.
Auch mehr als 600 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung übt das deutsche Prosawerk „Der Ackermann und der Tod“ (oder auch „Der Ackermann aus Böhmen“) aus den Federn des Saazer Stadtschreibers und Notars Johannes von Saaz (heute Žatec) eine große Faszination aus. Es gilt als frühes Werk des Frühhumanismus und nicht zuletzt als wichtiges Zeugnis der deutschen Sprache und Kultur in den böhmischen Ländern. Mit dem Aufkommen des Druckwesens gehört der „Ackermann und der Tod“ zu einem der ersten großen Erfolge der „Schwarzen Kunst“. Zudem war es eines der ersten Werke auf Deutsch, das mit Holzschnitten versehen war.
Vernissage in Prag
Eingehend beschäftigt sich mit dem Werk und seinem Verfasser sowie mit der Zeit, in der dieser lebte, die zweisprachige, deutsch-tschechische Ausstellung des Fördervereins der Stadt Saaz (in Zusammenarbeit mit der Ackermann-Gemeinde Hessen). Sie trägt den Titel „Der Ackermann und der Tod: Humanismus in Böhmen“ sowie im Untertitel „Johannes von Saaz und seine Zeit“ und wurde ausgearbeitet von Andreas Kalckhoff unter der Mitarbeit von Otokar Löbl, Vorsitzender des Fördervereins der Stadt Saaz, und Petr Šimaček vom Verein „Rodáci Žatec“. Aktuell befindet sich die Ausstellung auf Wanderschaft durch Deutschland und Tschechien. So war sie unter anderem schon in Frankfurt am Main, Schmochtitz bei Bautzen, in Saaz und Podersam (Podbořany) zu sehen. Die Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik holte die Ausstellung nun auch nach Prag. Am 6. Februar wurde sie dort im Haus der nationalen Minderheiten unter Anwesenheit von Otokar Löbl und Petr Šimaček eröffnet.
„Uns – der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik – ist die deutsche Sprache und Literatur ein wichtiges Anliegen. Deshalb ist uns die Ausstellung mit ihren Themen auch sehr nah“, erklärte Martin Herbert Dzingel, Präsident der Landesversammlung, zur Begrüßung.
„Die Vergangenheit ist nicht nur das, was vergangen ist, sondern auch das, was dem Menschen im Bewusstsein bleibt“, begann Otokar Löbl in einer kurzen Ansprache während der Vernissage. Deshalb sei es nötig, auch weiter an die Geschichte zu erinnern, was auch die Motivation für die Ausstellung gewesen sei. Im Andenken an den im vergangenen August verstorbenen Historiker Andreas Kalckhoff, auf den die Ausstellung im Wesentlichen zurückgeht und der auch Pressesprecher des Fördervereins der Stadt Saaz war, wurde während der Vernissage in Prag eine Schweigeminute eingelegt.
Anschließend gab Ilyas Zivana, ifa-Kulturmanager bei der Landesversammlung, einen kurzen Überblick über das Werk und seinen Autor, bevor die Gäste sich selbst einen Eindruck von der Ausstellung verschaffen konnten.
Werk des Frühhumanismus
Bei seinem „Ackermann-Büchlein“ wie Johannes von Saaz sein Werk selbst bezeichnete, handelt es sich um ein Streitgespräch zwischen dem Ackermann, der um seine Frau trauert, und dem Tod, den der Ackermann mit seinem Verlust vor Gott anklagt. Insgesamt besteht das Buch aus 34 Kapiteln: Die ungeraden Kapitel beinhalten die Anklage des Ackermanns, in den geraden Kapiteln antwortet der Tod. Gegen die Emotionen des Ackermanns setzt dieser Logik, aber auch Zynismus ein. Schließlich tritt Gott in Kapitel 33 auf und erkennt das Recht des Ackermanns, sein Leid zu klagen, an. Gleichzeitig dürfe der Teufel aber auch die Erkenntnis aussprechen, dass alles Leben einmal sterben müsse. Dem Ackermann gebühre die Ehre, dem Tod aber der Sieg. Im letzten Kapitel folgt ein hymnisches Gebet des Ackermanns für die Seele seiner verstorbenen Frau und eine Lobpreisung Gottes.
Der frühhumanistische Gedanke des Werks zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Johannes von Saaz entgegen der im Spätmittelalter verbreiteten theologischen Lehre den Menschen und sein Leben im Diesseits in den Mittelpunkt rückt. Wie andere Humanisten propagierte er ein neues Verständnis vom Menschen und seiner Würde in Freiheit von kirchlichen Bindungen. Ungewöhnlich für seine Zeit war nicht zuletzt auch die Darstellung der Ehe als eine Liebesgemeinschaft.
Der Notar aus Saaz
Johannes Henslins wurde um 1350 in Schüttwa (Šitboř) geboren, vermutlich als uneheliches Kind eines Pfarrers, der dafür sorgte, dass sein Sohn eine gute Ausbildung genoss. Möglicherweise besuchte er die Klosterschule in Tepl (Teplá), weshalb er auch „Johannes von Tepl“ genannt wird. Sicher ist, dass er eine höhere Ausbildung genossen haben muss. Vermutet wird, dass er Juristerei studierte und die Würde eines Magisters erlangte. Wo Johannes studierte, konnte allerdings nicht sicher belegt werden. Spätestens ab 1378 wirkte er als „Notar“, ab 1383 ist er in Saaz verbürgt, wo er einen Großteil seines Lebens verbrachte, was ihm auch den Beinamen „von Saaz“ einbrachte. Neben seiner Tätigkeit als Notar, womit Johannes eindeutig zur Stadtelite gehörte, war er auch Leiter der örtlichen Lateinschule. Ab 1411 lebte er als Pronotar in der Prager Neustadt. 1413 erkrankte er und starb im darauffolgenden Jahr.
Die Ausstellung im Haus der nationalen Minderheiten in Prag ist noch zu sehen bis 28. Februar 2023. Begleitend zur Ausstellung erschien auch ein künstlerischer Katalog. Mehr unter www.ackermann-tod.de