Der Ackermann in Fulda




FULDA Kulturelle Wurzeln im Blickpunkt

Wanderausstellung zu „Ackermann und der Tod“ im Fuldaer Stadtschloss

19.04.24 – Es ist eines der bedeutendsten Werke der deutschen Literatur des Spätmittelalters: „Der Ackermann und der Tod“, geschaffen um das Jahr 1400 von dem Dichter, Stadtschreiber und Notar Johannes von Saaz (oder auch Johannes von Tepl genannt). Jetzt ist in der Galerie vor den Spiegelsälen des Fuldaer Stadtschlosses eine Ausstellung zu dem Werk und seiner Wirkungsgeschichte sowie zu seiner Bedeutung für die gemeinsamen kulturellen Wurzeln von Tschechen und Deutschen in Böhmen zu sehen. Organisiert und konzipiert hat die Wanderausstellung der Förderverein der Stadt Saaz/Zatec mit seinem Vorsitzenden Otokar Löbl (Frankfurt) an der Spitze in Kooperation mit dem Landesverband Hessen der Ackermann-Gemeinde.

Bei der Vernissage im Stadtschloss (von links) Peter Hoffmann, Margarete Ziegler-Raschdorf, Otokar Löbl Foto Stadt Fulda

Bei der Ausstellungseröffnung betonte die ehemalige Hessische Landesbeauftrage für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf (Fulda), die in Vertretung für Fuldas OB Dr. Heiko Wingenfeld die Begrüßung der Gäste der Vernissage übernommen hatte, die Bedeutung der Ausstellung „für die gemeinsame Erinnerungskultur und für die Völkerverständigung“: Da die Tafeln zweisprachig angelegt sind, gehen sie auch in der Tschechischen Republik auf „Wanderschaft“ durch verschiedene Ausstellungsorte. Der besondere Dank Ziegler-Raschdorfs ging an Otokar Löbl sowie posthum an den inzwischen verstorbenen Autoren der Ausstellung, Dr. Andreas Kalckhoff. Ebenso dankte sie der Stadt Fulda für die Bereitstellung der Räumlichkeiten. Den Umgang der Stadt Fulda mit dem historischen Erbe der Vertriebenen und die Sicherung der Dokumente und Archive nannte die ehemalige Landesbeauftragte „ein Vorbild für andere Städte“. Ziegler-Raschdorf wörtlich: „So wie die Vertriebenen in den verschiedenen Städten damals aufgenommen und integriert wurden, so sollten auch die Archivschätze der Heimatvertriebenen in die Archive ihrer jeweiligen Aufnahmekommunen Eingang finden.“

Stark für Aussöhnung

Für den Landesverband Hessen der Ackermann-Gemeinde sprach deren Vorsitzender Peter Hoffmann. Der diözesan organisierte Verband sieht sich als Vertretung der katholischen Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland und hat sich seit seiner Gründung 1946 stets für die Aussöhnung zwischen Deutschen, Tschechen und Slowaken stark gemacht. Seit Jahrzehnten fördert der Verband auch den Austausch zwischen jungen Menschen aus Ost und West. Über die Ausstellung äußerte Hoffmann sich begeistert: „Im Kleinen ist das hier das Bauen am gemeinsamen Haus Europa.“

Ausstellungsmacher Otokar Löbl, der selbst in Saaz geboren ist, erläuterte die Motivation zu der Schau und die Bedeutung des Werks „Der Ackermann und der Tod“. In dem Werk, das der Autor als „rhetorische Stilübung“ bezeichnete, geht es um ein fiktives Streitgespräch zwischen dem Ackermann, der seine Frau verloren hat, und dem Tod. Mit Blick auf das darin vermittelte „moderne“ Menschenbild wurde die Schrift bisweilen als Vorläufer des humanistischen Geistesströmung angesehen. Der Autor Johannes, der kreative Stadtschreiber von Saaz, sei später oft nationalistisch vereinnahmt worden, jedoch könne die Ausstellung dazu beitragen, „Klischees der deutsch-tschechischen Beziehungen zu überwinden“, so Löbl. Die Rückbesinnung auf Johannes von Saaz sei geeignet zu zeigen, dass Böhmens Kultur „weit mehr ist als nur Bier und der Brave Soldat Schwejk“. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 26. Mai zu den Öffnungszeiten der Stadtverwaltung in der Galerie vor den Spiegelsälen des Stadtschlosses. (pm) +++

Impressionen

Fotos von den Stadtfotografen von Fulda Joachim Heller

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Der Ackermann in Bad Hersfeld

Impressionen und Bericht über die Vernissage in Bad Hersfeld am 24. Februar 2024 im Haus Mährisch- Schönberg zu sehen, die heute mit einem Moment des Gedenkens an den seit zwei Jahren wütenden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eröffnet wurde.

Prager Frühling 1968 und Putins Krieg

PRESSEMITTEILUNG

Vernissage der Ausstellung „55 Jahre Prager Frühling und Putins Krieg in der Ukraine“ im Archäologischen Museum Frankfurt

Dr. Wolfgang David

Frankfurt am Main. Unter der Anwesenheit des ukrainischen Konsuls in Frankfurt, Taras Zholubak, des Staatssekretärs für Europaangelegenheiten, Uwe Becker, des Direktors des Archäologischen Museums Frankfurt, Dr. Wolfgang David und Hagen Novotny von der Union der Vertriebenen und Aussiedler (UdV) wurde die Ausstellung „55 Jahre Prager Frühling und Putins Krieg in der Ukraine“ am 30. November im Archäologischen Museum Frankfurt eröffnet.

Konsul Taras Zholubak

Der Prager Frühling jährt sich im Jahr 2023 zum 55. Mal. Der Förderverein der Stadt Saaz unter dem Vorsitzenden Otokar Löbl nimmt dies zum Anlass die Ereignisse von vor 55 Jahren zu vergegenwärtigen, zu bewerten und in die Gegenwart einzuordnen. Dr. Wolfgang David vom Archäologischen Museum Frankfurt stellte in seiner Eröffnungsrede die Ereignisse von damals und heute in der Ukraine gegenüber und teilte sein persönliches Erlebnis sowohl des Prager Frühlings als kleiner Junge als auch der Nacht des Einmarsches der russischen Panzer in die Ukraine in der Nacht auf den 24. Februar 2022. Wie der ukrainische Generalkonsul Taras Zholubak in einer emotionalen Rede betonte: Sowohl die damaligen Ereignisse in Prag als auch der heutige Krieg in der Ukraine haben ihren Ursprung im russischen Imperialismus. Damals als auch heute wird die Bedrohung durch den Faschismus als Propaganda benutzt, um den Einmarsch zu rechtfertigen. Die Ereignisse vor 55 Jahren geben daher eine Antwort auf diejenigen, die sagen, dass das, was jetzt in der Ukraine passiert, nicht unser Krieg ist und dass wir uns nicht darin einmischen und der Ukraine nicht helfen sollten.

Hagen Novotny
Otokar Löbl

Die Präsentation ist aus technischen Gründen nur  vom 13. Dezember 2023 bis 30. Dezember 2023 im Archäologischen Museum zu sehen.

Ein herzlicher Dank geht an das Team des Archäologischen Museums Frankfurt für die Bereitstellung der Räumlichkeiten und die Unterstützung bei der Durchführung der Ausstellung.

Zu der Präsentation erschien auch ein Katalog und sie ist auch im Internet unter https://prag1968-kiew.eu  veröffentlicht worden.

Christina Henke

Pressesprecherin des Fördervereins der Stadt Saaz|Žatec e. V. Frankfurt am Main den 4. Dezember 2023

Präsentation im Schiff des Museums

Preisverleihung für den Förderverein Saaz

Wiesbaden 21.November 2023 .

Wiesbaden. Der Hessische Innenminister Peter Beuth hat zusammen mit der Hessischen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, den diesjährigen Landespreis „Flucht, Vertreibung, Eingliederung“ verliehen.

Im stimmungsvollen Pariser Hoftheater in Wiesbaden waren dazu zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Vertriebenen- und Spätaussiedlerverbände, Parlamentarier und weitere Gäste zusammengekommen. Den Hauptpreis des im zweijährigen Turnus vergebenen Preises erhielt Marta Kaffanke-Fuchs für ihr Buchprojekt „Schönwald und die Schönwälder“. Ihr Werk ist ein Bericht über den Untergang des Dorfes Schönwald in Oberschlesien 1945, die Vertreibung der Einwohner und ein Blick zurück auf den kulturellen Kosmos Schönwald. Frau Kaffanke-Fuchs erhält von der mit insgesamt 7.500 Euro dotierten Auszeichnung ein Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro. Zweiter Preisträger ist Otokar Löbl, Vorsitzender des Fördervereins Saaz / Žatec e. V. aus Frankfurt am Main. Er erhält 1.500 Euro für sein rühriges Engagement der letzten 20 Jahre, in denen er sich in zahlreichen Projekten um die Versöhnung und Völkerverständigung zwischen Deutschen und Tschechen bemüht.

Der Hessischer Innenminister Peter Beuth, Frau Kaffanke-Fuchs, Otokar Löbl und die Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Frau Margarethe Ziegler-Raschdorf

Laudatio der Landesbeauftragten der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler Margarete Ziegler-Raschdorf

Herr Löbl kam als Spätaussiedler aus der Tschechoslowakei und lebt heute in Frankfurt am Main. Von dort leitet er seit 20 Jahren als Vorsitzender den Förderverein Saaz/Žatec. Unter seiner Führung setzt sich der Verein aktiv mit zahlreichen Projekten für die Völkerverständigung und Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen ein – im Einklang mit der „Charta der Heimatvertriebenen“.

Otokar Löbls Engagement zielt darauf ab, sowohl die deutsche als auch die jüdische Geschichte der Stadt Saaz lebendig zu halten. In dieser Rolle kooperiert er eng mit sudetendeutschen Heimatkreisen aus seiner ehemaligen Heimatregion.

Herr Löbl hat Projekte initiiert oder entscheidend an ihnen mitgewirkt, die sich mit Flucht und Vertreibung beschäftigen. Darunter eine Online-Ausstellung zu den „Wilden Vertreibungen aus Nordböhmen“ und eine tschechische Wanderausstellung, die Verbrechen an Deutschen während dieser Vertreibungen thematisiert. Darüber hinaus organisiert er Gedenkveranstaltungen und war Mitherausgeber eines Buches mit dem Titel „Versöhnung durch Wahrheit“. Er hat außerdem an einer Ausstellung über den Humanismus in Böhmen mitgewirkt: „Der Ackermann aus Böhmen“.

Diese Ausstellung wandert seither auf seine Initiative hin als Wanderausstellung durch Tschechien und Deutschland. Er hat einen Dokumentarfilm über die Deutschen im Saazer Land mitentwickelt. Otokar Löbls Werk ist von einem kritischen Geist und der Suche nach Wahrhaftigkeit geprägt. Er ist immer darauf bedacht, dass seine Projekte zweisprachig – in deutscher und tschechischer Sprache – umgesetzt werden. Weiterhin legt Herr Löbl großen Wert darauf, dass

Dankesrede Otokar Löbl

z. B. seine Ausstellung zum „Ackermann aus Böhmen“ sowohl in Tschechien, als auch in Deutschland zu sehen ist und von den Menschen vor Ort wahrgenommen wird.

Damit trägt Otokar Löbl entscheidend zu einer tiefergehenden Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen bei, wofür die Zweisprachigkeit seiner Projekte natürlich ein entscheidender Faktor ist. Seine Projekte haben nicht nur eine große Reichweite, sondern fördern auch das Verständnis junger Menschen für die Geschichte. Von all dem konnte ich mich bereits schon selbst überzeugen. So erinnere ich mich gerne an die Ausstellungseröffnung „Der Ackermann und der Tod: Humanismus in Böhmen. Johannes von Saaz und seine Zeit“ im vergangenen Jahr im Archäologischen Museum in Frankfurt am Main.

Otokar Löbl wird ausgezeichnet für sein rühriges Engagement als langjähriger Vorsitzender des Fördervereins Saaz/Žatec. Seine vielfältigen und beeindruckenden Aktivitäten sind in vieler Hinsicht preiswürdig. Mich beeindruckt es besonders, dass er im Grunde genommen ein Einzelkämpfer ist und nicht müde wird, für die Sache der Verständigung und Aussöhnung zu werben und zu kämpfen.

Das ist aller Ehren wert!

Mit seinen Projekten trägt er maßgeblich zur Bewahrung der Kultur und Geschichte der Vertreibungsgebiete bei und vermittelt den Versöhnungsgedanken in Einklang mit den Richtlinien des Hessischen Landespreises. Seine Bemühungen dienen nicht nur der Erinnerung, sondern auch der Aufklärung und der Stärkung der Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen. Herr Löbl erhält dafür ein Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro. Meinen herzlichen Glückwunsch, sehr geehrter, lieber Herr Löbl!

Ich und er Förderverein dankt

Der Ackermann und der Tod in Pilsen

Vernissage der Ausstellung der „Ackermann und der Tod an der Westböhmischen Universität

Am 2. Oktober 2023 hatte ich die Ehre die Ausstellung in der Eingangshalle der Universitätsbibliothek Pilsen-Bory für die Philosophische Fakultät der UNI vorzustellen.

Die Vernissage wurde durch zwei mit Zither begleitete böhmische Volkslieder (Soldatenlos/Ztráta syna vojáka und Trennungsschmerz/Hoře z odloučeni) eröffnet, dargeboten von den Egerländer Målaboum, Richard und Vojtěch Šulko, welche die musikalische Umrahmung der Veranstaltung gestalteten. Dem schlossen sich Grußworte von Dr. David Šanc, Dekan der Philosophischen Fakultät der Westböhmischen Universität an, die aufgrund eines Auslandsaufenthaltes des Verfassers in dessen Abwesenheit von Dr. Zdeněk Vávra, Leiter des veranstaltenden Lehrstuhls für Germanistik und Slawistik vorgetragen wurden. Die Grußworte strichen die große Bedeutung einer Ausstellung über ein einzigartiges literarisches Werk des Spätmittelalters, das Deutsche und Tschechen kulturhistorisch im Geiste des Humanismus verbinde, für die deutsch-tschechische Nachbarschaft heraus.

Den Hauptteil der Vernissage machte der folgende Einführungsvortrag von Otokar Löbl aus, der als Vorsitzender des Fördervereins der Stadt Saaz/Žatec neben Andreas Kalckhoff als Mitautor und Initiator maßgeblich an der Konzeption und Realisierung der Wanderausstellung „Der Ackermann und der Tod. Johannes von Saaz und seine Zeit“ beteiligt war, die ab sofort vom 3. bis 27. Oktober 2023 in der Eingangshalle der Universitätsbibliothek Pilsen – Bory besucht werden kann. Unter dem Titel „Der Ackermann und der Tod“ gab der Referent einen konzisen Einblick in „die Motivation und Entstehung der Ausstellung im böhmischen Kontext“.

Nach einleitenden Worten zur Geschichte des Fördervereins stellte der Referent die Frage in den Raum, was Geschichte sei, und beantwortete sie mit einem Zitat Johann Gustav Droysens, der festgestellt habe, dass nicht die Vergangenheiten die Geschichte bildeten, „sondern das Wissen des menschlichen Geistes von ihnen.“ Die Notwendigkeit, Geschichte immer wieder mit neuen Erkenntnissen neu beleuchten zu müssen, illustrierte er mit einer Aussage František Šmahels: Geschichte werde immer wieder neu geschrieben, dürfe sich als Wissenschaft aber nicht durch nationale und religiöse Rücksichtsnahmen binden, auch wenn sie mit ihren Erkenntnissen manchmal verletze.

Folgend stand die Geschichte der Stadt Saaz, besonders ihre Blütezeit im 13. und 14. Jh. im Mittelpunkt, in der Johannes Henslin, später als Johannes von Saaz bezeichnet, der Schöpfer des „Ackermanns aus Böhmen“, im nahegelegenen Schüttwa (Šitboř) zur Welt gekommen sei. Ziel der Ausstellung sei es aber nicht nur, die Persönlichkeit des Autors vorzustellen, sondern auch, seine Zeit und ihre kulturhistorische Dimension aufzuarbeiten. Die Bedeutung des „Ackermanns“ läge in seiner Stellung als erste philosophische Dichtung des europäischen Humanismus, als erster frühneuhochdeutscher literarischer Text und besonders in seinem modernen Menschenbild: Das ursprünglich nur „Ackermannbüchlein“ genannte Werk behandle im Kern nämlich den Menschen, wobei der Tod, Dialogpartner des Ackermanns, der den arbeitenden, leidenden Menschen schlechthin verkörpere, die Rolle eines „Sparringspartners“ im Streit um die Würde des Menschen einnehme – als „Gegenbild“, als Negation irdischer Existenz.

Die Kö

Im folgenden Abschnitt stellte der Vortragende Überlegungen zur Entstehungsmotivation des „Ackermanns“ an. Johannes von Saaz habe als privilegierter Bürger und Handelsmann gute Kontakte zur jüdischen Gemeinde seiner Stadt und über diese vielleicht auch zur prominenten Prager Judengemeinde gehabt. Indizien für einen jüdischen Auftraggeber ließen sich u. a. in der von Albrecht Hausmann bemerkten Tatsache ausmachen, dass sich im Werk keine Bezüge zum Neuen Testament fänden und Christus (nicht einmal im Zusammenhang mit der Jahresangabe) an keiner Stelle des Textes Erwähnung finde. Auch wenn das Werk auf Deutsch verfasst wurde und damit von den Bildungsansprüchen einer beträchtlichen deutschsprachigen Gemeinde in Saaz und Umgebung zeuge, so seien der Rat und die Bürgermeister der Stadt doch deutsch-tschechisch gemischt bzw. zweisprachig gewesen –  Sprache sei hier mithin kein Zeichen nationaler Identifikation, sondern ein Medium der Kommunikation gewesen, und so habe der „Ackermann“ auch für Tschechen und Deutsche gleichermaßen Bedeutung gehabt. Erst die deutschnationale Propaganda des frühen 20. Jh. habe Johannes von Saaz vereinnahmt und politisch missbraucht und ursprünglich religiöse und soziale Gegensätze (des Spätmittelalters) zu nationalen Konflikten (des 20. Jh.) umgedeutet.

Zum Abschluss seiner Ausführungen gab der Referent noch einen kurzen Überblick über die bisherigen Stationen der Wanderausstellung: in Frankfurt a. Main, in Saaz/Žatec, Praha/Prag, Podersam/ Podbořany, Aussig/Ústi n. Labem, Hainburg/Hejnice und zuletzt in Karlsbad/Karlovy Vary. An diesen Standorten, wie auch jetzt in Pilsen, sehe er die Aufgabe der Ausstellung darin, den bedauerlicherweise langlebigen oder wiederkehrenden Klischees innerhalb der deutsch-tschechischen Beziehungen entgegenzuwirken, die nicht zuletzt auf Unkenntnis, Vorurteile und Fehlinterpretationen zurückzuführen seien. Nicht zuletzt solle sie auch den Beitrag Böhmens zur europäischen Kulturgeschichte dokumentieren, der weit mehr als nur seine Bierkultur ausmache.

Mit zwei weiteren böhmischen Volksliedern ( Unglückliche Ehe und Liebesgram) beschlossen Richard und Vojtěch Šulko den offiziellen Teil der Vernissage. Danach setzten sich die Gäste interessiert mit den auf den Ausstellungswänden dargebotenen Informationstexten und Bildern auseinander und kamen darüber ins Gespräch. Die einzelnen Abschnitte der Ausstellung behandelten Johannes von Saaz in seiner Rolle als Stadtnotar, Schulmeister und Humanist, die Stadt Saaz zu seinen Lebzeiten, das Werk „Der Ackermann aus Böhmen“, das Thema „Mensch und Tod im Mittelalter“, den Stand der Rhetorik, Bildung und Poesie um 1400, das Bild vom Menschen sowie die Würde des Menschen im Humanismus, Aspekte von Revolution und Glaube sowie den Ruhm und Nachruhm des Johannes von Saaz.

Anhand der lebhaften Diskussionen und Gespräche, zu welchen es im Anschluss an den Vortrag zwischen dem Referenten und einzelnen Gästen kam, kann man die Vernissage und Ausstellung als Erfolg bewerten. Nachträglicher Thematisierung der Vernissage in den Lehrveranstaltungen des Lehrstuhls für Germanistik und Slawistik in den folgenden Tagen und nicht zuletzt angesichts der beträchtlichen Anzahl von Besuchern der Veranstaltung wird bestimmt erfolgen. Ich danke insbesondere Herrn Dr. Boris Blahak, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Germanistik und Slawistik der Westböhmischen Universität, für die Organisation der Ausstellung in Pilsen.

Otokar Löbl

Impressionen der Vernissage der Ausstellung an der Westböhmischen Universität in Pilsen am 2. Oktober 2023. Foto: Dr. Boris Blahak

HOPFENLANDSCHAFT UM SAAZ / ŽATEC IST WELTKULTURERBE

Die Hopfenlandschaft um die Stadt Žatec / Saaz in Nordwestböhmen wurde in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Die Eintragung wurde vom zwischenstaatlichen Unesco-Welterbekomitee auf seiner Sitzung am Montag in Riad beschlossen.

Die Saazer Hopfenlandschaft gilt als Ergebnis des jahrhundertelangen Anbaus dieses Bier-Grundstoffs. Das neu eingetragene Denkmal besteht aus zwei Teilen, der Landschaft mit Hopfenanlagen sowie dem historischen Zentrum von Žatec mit seinem Industrieviertel aus dem 19. Jahrhundert. Dieses weist die höchste Konzentration von Gebäuden auf, die mit der Hopfenverarbeitung und dem Hopfenwandel verbunden sind.

Für die Tschechische Republik ist dies die siebzehnte Eintragung in die Welterbeliste. Es handelt sich um die erste Hopfenanbaulandschaft der Welt, die diesen Status erhält.

Der westliche Teil der Prager Vorstadt mit charakteristischen Hopfenverarbeitungsgebäuden als Teil der Stadtlandschaft (Blick vom Turm des Hopfenleuchtturms). 
© Václav Mach
Blick von Süden auf das charakteristische Panorama der Prager Vororte mit Hopfenverarbeitungsgebäuden und ihren Schornsteinen („Schornsteinwald“).
Autor: Václav Mach Urheberrecht: © Václav Mach
Ein Blick auf die Hopfenfelder des Hopfenforschungsinstituts GmbH, Žatec im Kataster des Dorfes Stekník. Aufgenommen in der Zeit vor der Hopfenernte Datum: 01.08.2019 Autor: Václav Mach
Urheberrecht: © Václav Mach
Svobody Square with the Town Hall and parts of the historical centre of the town from the north east aerial view.  
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