Von Katharina Löbl, Frankfurt am Main
Beitrag zum 3. Literaturwettbewerb 2003, Kategorie Prosa/ Jugendliche, des tschechischen „Vereins der Landsleute und Freunde der Stadt Saaz“, des deutschen „Kulturkreises Saaz e. V. Roth“ und der Stadt Žatec.
Als ich vorletzten Sommer in Saaz, der Heimatstadt meines Vaters war, gefiel mir die Stadt auf Anhieb. In Saaz fühlte ich mich wohl. Es war dort ruhiger als in einer großen Stadt wie Frankfurt und machte auf mich einen harmonischen Eindruck. Freundliche Menschen, Gastfreundlichkeit und die schöne Idylle waren nur drei Punkte die mir gefielen.
Ich fühlte mich auch teilweise in die Vergangenheit zurückversetzt. Dies soll nicht heißen, dass Saaz nicht auf dem neuesten Stand und von der Außenwelt abgeschlossen wäre. Die Stadt ist mit ihrem Kino, den Solarien und ihren Discos genauso auf dem Stand, wie fast jede andere auch. Was ich schade fand war, dass die Stadt wie ausgestorben wirkte. Und das sogar auf dem Marktplatz, in der Stadtmitte, wo normalerweise der größte Betrieb herrschen müsste wenig Betrieb war. Man sah nur wenige Menschen, vor allem wenig junge Leute. Als ich so durch die fast leeren Straßen schlenderte, konnte ich mir mit meiner Phantasie sehr gut ausmalen, wie es früher in Saaz zugegangen war, da die meisten Häuser noch aus sehr alten Zeiten stammen. Mir gefiel, dass nicht alles perfekt war. Auch die kaputten und stark renovierungsbedürftigen Häuser erzählten ihre Geschichte. An manchen Stellen kam es mir so vor, als wäre die Zeit stehen geblieben.
Ich besuchte die Saazer Handelsschule mit meinem Vater und meiner Freundin. Ich war sehr positiv überrascht und meine Freundin ebenfalls. Diese Schule entsprach genau unserer Wunschvorstellungen. Der Direktor zeigte uns die verschiedenen Räume und Einrichtungen. Alles ist sauber, die Schüler müssen Hausschuhe tragen. Es gibt ein großes Schwimmbad und eine große Turnhalle, wie auch viele für jeden zugängliche Computerräume mit Internetzugang. Diese Schule war eindeutig weiter entwickelt als unsere Schulen in Deutschland.
Bei uns ist alles dreckig und total unhygienisch. Unsere Schule ist schon lange renovierungsbedürftig. Wir haben nur einen Computerraum mit elf Computern, den man nur betreten darf, wenn man dort unterrichtet wird. Die Vorstellung, so eine Schule wie die in Saaz zu besuchen, entsprach all unseren Vorstellungen. Es wäre viel motivierender, so eine Schule als eine wie unsere zu besuchen, und der Spaß am Lernen würde dort mit Sicherheit gesteigert werden.
Ich komme gerne wieder nach Saaz und werde meinen Vater auch noch öfters dorthin begleiten. Eine Woche Saaz bringt Ruhe in mich und ich fühle mich geborgen.
Ein weiteres Erlebnis war der Saazer Ball in Prag, den ich letzten Herbst besuchte. Ich bekam extra einen Tag schulfrei, damit ich übers Wochenende mit meinem Vater per Zug nach Prag reisen konnte. Die Aufregung war groß. Ich wusste nicht, was man dort anzog, wie festlich alles sein würde und, was mir ganz wichtig war, ob auch Jugendliche in meinem Alter dort sein würden. Wir fuhren mit dem Taxi zu dem Saal, in dem der Ball stattfinden sollte. Mir wurde von einem großen, festlichen Ball erzählt, doch leider musste ich feststellen, dass dieser Ball nicht mit meinen Vorstellungen eines solchen Balles übereinstimmte. Auf der Bühne spielte eine Blaskapelle. Dies war nicht wirklich meine Musik, und Jugendliche konnte ich auch keine erkennen. Ich war anfangs also noch ziemlich enttäuscht und war skeptisch, ob sich dies im Laufe des Abends noch ändern würde.
Mein Tischnachbar entpuppte sich als hoher Offizier einer Militärabteilung in Saaz, und ich konnte ein interessantes Gespräch in Englisch mit ihm führen. Mit ihm tanzte ich auch ein paar Tänze und ich merkte, wie ich langsam doch Spaß an diesem Abend bekam. Alle Gäste waren ganz locker, und es wurde viel gelacht. So ziemlich jeder hatte seinen Spaß beim Tanzen oder bei den scheinbar netten Unterhaltung, die ich leider meistens nicht verstand, da ich die tschechische Sprache nicht beherrsche. Spaß machte mir auch die Tombola, die stattfand. Unter den Hauptpreisen waren ein Schwein, ein Auto und ein Fass Bier. Zur Freude aller gewann ausgerechnet ich das Fass Bier! Ich ging auf die Bühne, wo man mir gratulierte. Doch was sollte ich mit einem Fass Bier? Ich schenkte es also spontan der Kapelle, die sich herzlich bedankte.
So langsam neigte sich der Abend auch dem Ende zu, und ich musste zugeben, dass mir dieser Ball im Endeffekt doch gefallen hatte, und es sich für mich gelohnt hatte, aus Frankfurt zu diesem Zweck nach Prag zu reisen. Ich würde mir nur wünschen und hoffe, dass beim nächsten Ball mehr Jugendliche diesen Ball besuchen werden und auch mehr für Jugendliche ansprechende Musik laufen wird.