Von Martina Schneibergová | Tschechischer Rundfunk 7, Radio Prag, 23. Mai 2006
Aussagen von Augenzeugen, Fotos, offizielle Berichte der Armeebefehlshaber und andere Archivdokumente sind in der Ausstellung zu sehen, die am vergangenen Freitag in Louny|Laun eröffnet wurde. Ohne zu kommentieren, dokumentiert sie Ereignisse aus den Jahren 1945-46, die sich an unterschiedlichen Orten Nordböhmens abspielten. Die an der deutschen Zivilbevölkerung verübten Gewalttaten werden meistens als „Exzesse“ bezeichnet. Martina Schneibergova nahm an der Vernissage teil.
Die Ausstellung über die Opfer der kommunistischen Gewalt im nordböhmischen Grenzgebiet wurde von Eduard Vacek vorbereitet, der in der Sektion für Dokumentation und Geschichte der tschechischen Gefängnisverwaltung arbeitet. Bei seiner Tätigkeit stieß er unter anderem auf Dokumente, die den Umgang mit Deutschen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg beschreiben:
Als ich die Dokumente durchgelesen habe, war ich erschrocken, wie tief verwurzelt der so genannte tschechische „Gestapismus“ war. Ich versuchte, zu erfahren, wie das tschechoslowakische Parlament reagierte und wer darüber damals berichtet hat. Ich wollte mich nicht mit der politischen Frage befassen, ob die Deutschen weggehen sollten oder nicht, sondern es interessierte mich, wie es durchgeführt wurde. Denn das war am erschütterndsten.
InternierungslagerInternierungslager Ein Teil der Ausstellung konzentriert sich auf die Gewalttaten, die an den Deutschen in Postoloprty|Postelberg und in Žatec|Saaz verübt wurden. Es handelte sich damals nicht um spontane Racheakte, wie es oft gedeutet wird, sagt Vacek:
Das war wirklich kein Ausbruch des Volkszorns. Es handelte sich um gezielte Operationen, die militärisch gesteuert wurden. Der so genannte Verteidigungs- und Sicherheitsnachrichtendienst der tschechoslowakischen Armee hatte Kontakte zum russischen NKVD. Diese in der Sowjetunion geschulten Spezialisten, die mit der Armee von Ludvík Svoboda in die Tschechoslowakei kamen, organisierten alle Aktionen, die mit den Deutschen zusammenhingen. Es gab damals Journalisten, die darüber geschrieben haben, der Begriff des „Gestapismus“ wurde im Parlament diskutiert. In der Ausstellung kommentieren wir nicht die Ereignisse. Wir stellten nur die Dokumente zusammen, um dem Besucher die Vorstellung darüber zu vermitteln, wie es wirklich war.
Einzigartig sind die in der Ausstellung veröffentlichten persönlichen Erinnerungen von neun Augenzeugen, die die Ereignisse von Postoloprty und Zatec miterlebt hatten. Einer von ihnen ist Peter Klepsch, der als Junge während des Kriegs wegen seinen kritischen Äußerungen von den Nazis verhaftet wurde und bis zum Kriegsende im Gefängnis in Most|Brüx saß. Im Juni 1945 wurde er als Deutscher jedoch wiederum von dem tschechoslowakischen Militär gefangen genommen. Obwohl er sich an diese Zeit ungern erinnert, schilderte er seine Erlebnisse aus Postoloprty für die Dokumentarausstellung, die er für wichtig hält:
Ich bin für jeden Schritt dankbar. Denn jedem Schritt wird vermutlich ein weiterer folgen. Die Ausstellung bietet mindestens Diskussionsstoff, und das ist schon viel. Ich möchte sagen, dass ist schon ein Maximum von dem, was ich erwartet habe.
Die Wanderausstellung über die Opfer der kommunistischen Macht in Nordböhmen ist im Vrchlicky-Theater in Louny bis zum 9. Juni zu sehen. Danach wird sie offensichtlich in weiteren nordböhmischen Städten gezeigt.