Saazer Bürger erhalten die höchste Auszeichnung des Staates Israel für Nichtjuden
Josef Širc, Jaroslava Říhová und Eliška Dvořáčková erhielten im Rahmen einer Gedenkveranstaltung in der Saazer Synagoge stellvertretend für ihre jeweiligen Eltern, die Geschwister Václav Širc und Marie Kelnerová, für die Rettung eines jüdischen Mädchens vor dem Holocaust den Titel „Gerechte unter den Völkern“. Die Geschwister Širc stammten aus Wolhynien in der Ukraine, von wo sie nach dem Zweiten Weltkrieg zur Neubesiedelung des Saazerlandes kamen. Der Ingenieur Václav Širc (1919-2002) lebte dort in Imling (Jimlín) und lehrte in Saaz an der Landwirtschaftsschule. Er ist Autor der Chronik seines Heimatortes Volkov, die er 1980 mit Hilfe von Petr Šimáček herausgegeben und veröffentlicht hat [1].
Václav Širc hatte zusammen mit seiner Schwester Marie noch in der wolhynischen Heimat das jüdische Mädchen Rachel Rabinovicz, das seine Familien verloren hatte, halb verhungert im Wald aufgefunden, mit Unterstützung ihrer eigenen Familie versteckt und somit vor dem Holocaust gerettet. „Ich, meine Mutter und meine Kinder, werden den Geschwistern ewig dankbar sein“, erklärte Rachels Tochter Yaffa Riesenfeld, die zu der Ehrung aus den USA angereist war. „Als ich mit meiner 93-jährigen Mutter sprach, die bereits vieles vergessen hatte, und sagte, dass ich zu dieser Zeremonie nach Saaz fahren würde, fing sie an zu weinen. Sie hat seit Jahren nicht mehr geweint.“
Die Ehrung „Gerechte unter den Völkern“ wird seit 1963 an Personen verliehen, die unter dem Nationalsozialismus ihr Leben riskierten, um Juden zu retten. Inzwischen wurden mit dem Titel mehr als 27.000 Menschen ausgezeichnet, einschließlich der Familienangehörigen, mit denen sie Juden beim Überleben geholfen haben. Den Geehrten wird eine Ehrenurkunde und eine Medaille verliehen. Letztere trägt jeweils den Namen des Retters und den Spruch: „Wer immer ein Menschenleben rettet, hat damit gleichsam eine ganze Welt gerettet.“ [2] Außerdem werden ihre Namen auf der Ehrenwand im Garten der Gerechten in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem verewigt.
Die Auszeichnungen wurde vom israelischen Botschafter in der Tschechischen Republik, Daniel Meron, überreichte. An die zweihundert Gästen und Besucher nahmen an dem Festakt in der Saazer Synagoge teil, der von einem musikalischem Programm mit jüdischen Melodien begleitet war. Ausführende waren der Kammerchor der Saazer Musikschule und der Saazer Laienchor unter Leitung von Elizabeth Urbancová. Zu den Rednern und Gästen gehörten die Bürgermeisterin von Saaz und Senatorin Zdenka Hamousová, der Landeshauptmann der Region Aussig Oldřich Bubeníček, die Vertreter der jüdischen Gemeinde Teplitz Michál Lichtenstein und Gabriele Beck, Mitglieder des diplomatischen Korps, darunter der argentinische Botschafter Roberto Salafia, sowie die Veranstalter Petr Šimáček für die „Landsleute und Freunde der Stadt Žatec“ und Otokar Löbl für den „Förderverein der Stadt Saaz|Žatec“.
Die Ehrung der „Gerechten unter den Völkern“ war Teil des jährlichen Gedenkens an die jüdischen Opfer der „Kristallnacht“ 1938. „Wir halten diese Gedenkveranstaltungen ab, weil die Bedrohung der Juden durchaus aktuell ist und die meisten Menschen in Tschechien über die früheren Verfolgungen nicht viel wissen“, erklärte Petr Šimáček der Zeitung Žatecký Noviny, und Otokar Löbl ergänzte: „So wissen zum Beispiel in Saaz nur wenige Menschen, dass in ihrer Stadt, die UNESCO-Weltkulturerbe werden will, viele Häuser, Geschäfte und Hopfenlager von Juden erbaut wurden. Sie und ihre Nachkommen leben hier alle nicht mehr.“
Bericht des tschechischen Fernsehens „Televize Žatec“:
[1] Václav Širc: Stopy zaváté časem. Kronika Volkova a přilehlých obcí [= Spuren verschwinden mit der Zeit. Chronik von Volkov und angrenzenden Gemeinden]. Lipenec 1980.
[2] Zitat aus dem Mischna-Traktat Sanhedrin des babylonischen Talmuds.