In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten wie in Deutschland so auch im Saazerland die Synagogen. In einer geplanten Aktion gingen die Nationalsozialisten gewaltsam gegen jüdische Einrichtungen, Geschäfte und einzelne Bürger vor.
In Saaz brannte die Inneneinrichtung der Synagoge aus, weiterer Schaden wurde durch die beherzte deutsche Feuerwehr verhindert. Wegen der vielen eingeschlagenen Schaufenster und der landesweiten Planung ging dieses Staatspogrom in den Volksmund als „Reichskristallnacht“.
Der „Förderverein der Stadt Saaz|Žatec“ in Zusammenarbeit mit der jüdischen Gemeinde Teplitz, der Stadt Saaz, dem „Verein der Landsleute und Freunde der Stadt Saaz“, dem Heimatkreis Saaz und dem neuen Besitzer der Synagoge, Daniel Černy, lädt in Erinnerung an das Schicksal der jüdischen Saazer Mitbürger zu einem Gedenkakt vor dem
Haupteingang der Synagoge
am Freitag, den 8. November 2013, 17.00 Uhr
ein. Anschließend spielt in der Synagoge die Prager Gruppe „Jazz Khonspiracy“ die Werke des jüdischen Saazer Komponisten Karl Reiner, „Mordechai-Gebet“ und „Esther Lieder“.
Karel (Karl) Reiner (1919-1979) kam in Saaz als Sohn eines jüdischen Kantors zur Welt, studierte im Wiener Konservatorium Musik und war dann in Prag Schüler von Zdeněk Nejedlý, Alois Hába und Josef Suk. Als Konzertpianist engagierte er sich 1931-1938 für die „Neue Musik“ und führte u. a. die Vierteltonwerke seines Lehrers Hába auf. 1943 wurde er in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er der Komponistengruppe angehörte. Er war der einzige Überlebende aus dieser Gruppe. 1944 wurde Reiner in das KZ Auschwitz und später in das KZ Dachau gebracht, wo er die Befreiung durch die Amerikaner erlebte.
In Theresienstadt entstand die Komposition zum Esther-Spiel, das dort auch aufgeführt wurde. Mitwirkenden der Aufführung gelang später zusammen mit dem Libretto-Autor Milan Kuna die Rekonstruktion des Werkes, dessen Aufzeichnungen verloren gegangen war. Nach 1945 arbeitete Reiner weiter als Komponist und diente dem kommunistischen Staat als Vorsitzender des Tschechischen Musikfonds und Mitglied des tschechischen Komponistenverbandes. Aus Enttäuschung über die Kommunisten trat er nach der Niederschlagung des Prager Frühlings aus der KPČ aus. 1975 vertonte er fünf Gedichte des DDR-Dissidenten Reiner Kunze.
Reiner hinterließ ein umfangreiches Werk, u. a. Opern, Ballettmusik, Konzerte für Violine, Klavier und Bassklarinette, Kammermusik, Orgel- und Klavierstücke, Chöre und Lieder, Schauspiel- und Filmmusik. Der von Miro Bernat realisierte Kurzfilm Motýli tady nezijí (Schmetterlinge leben hier nicht, 1958) mit der Musik von Reiner wurde 1959 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Karl Reiner starb 1979 in Prag.