Ein thüringisches Filmstudio widmet sich mit Unterstützung des Fördervereins der deutsch-tschechischen Geschichte in der ehemaligen Königsstadt Saaz und ihrem Umland ⋅ Namhafte Historiker, Archäologen, Volkskundler und Zeitzeugen beider Nationalitäten bringen ihr Wissen ein
Die erste Idee zu einem Film über das Saazer Land hatte Otto Liebert vom Heimatkreis Saaz. Er stellte den Kontakt zu Jörg-Peter Schilling her, der mit seinem Filmstudio Sirius 2005 einen Film über das „Riesengebirge – Die verlorene Heimat“ produziert hatte. Seit über zwanzig Jahren sind Jörg-Peter Schilling und Viola Scheler-Eckstein im Filmgeschäft. Der Firmensitz liegt im thüringischen Meura, Landkreis Saalfeld-Rudolstadt. Geschichte und Kultur, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Menschen beiderseits der deutsch-tschechischen Grenze zu dokumentieren ist eines ihrer Arbeitsbereiche.
Realisiert wird das Projekt nun mit organisatorischer und inhaltlicher Unterstützung des Fördervereins und der Stadt Saaz. Otokar Löbl und Petr Šimáček sind als Regieassistent und Organisator an der Herstellung beteiligt. Am Drehbuch für das Regisseur Schilling verantwortlich zeichnet, wirken Historiker, Archäologen, Volkskundler und Zeitzeugen aus Tschechien und Deutschland mit. Die Finanzierung tragen der Deutsch-tschechische Zukunftsfonds, die Bundesregierung (durch die Beauftragte für Kultur und Medien) und weitere Sponsoren.
Der Film mit dem Arbeitstitel „Die Geschichte der Deutschen und Tschechen im Saazer Land“ soll die wechselhafte Geschichte des Zusammenlebens von Tschechen und Deutschen in Saaz und dem ehemaliger Bezirk Saaz erzählen. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die Regionalgeschichte im Zusammenhang mit der europäischen Geschichte dargestellt wird. Nach einem Ausflug in die Frühgeschichte der Region beleuchtet der Film das Zusammenleben und Zusammenwirken der beider Nationalitäten seit dem 10. Jahrhundert. Eine wichtige Frage ist dabei, wann und warum die Deutschen in das tschechische Land kamen und welchen Nutzen sie selbst, aber auch die Fürsten, die sie ins Land holten, davon hatten. Neben den unvermeidlichen Konflikten soll vor allem aber auch das befruchtende Miteinander thematisiert werden.
Im Habsburger Reich des 19. Jahrhunderts nahm die Tragödie zwischen Deutschen und Tschechen ihren Anfang, als es nicht gelang, den Tschechen eine gleichberechtigte Stellung mit Deutschen und Ungarn zu verschaffen. In der Tschechoslowakischen Republik setzte sich dieser Streit unter umgekehrten Vorzeichen fort. Diesmal wurde den Deutschen eine gleichberechtigte Stellung verwehrt. Der völkische Nationalismus erreichte seinen Höhepunkt in Hitlers „Drittem Reich“, wo man die Slawen zu Menschen zweiter Klasse degradierte, und endete schließlich in der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen.
Nach umfangreichen Recherchen beginnen die Dreharbeiten jetzt im März 2016. Als belebende Stilmittel sind nicht nur Interviews, sondern auch Spielszenen vorgesehen. Bis Ende des Jahres wird das Projekt, wenn alles gut geht, abgeschlossen sein. Dabei sollen drei Versionen geschnitten werden: ein tschechischer Fernsehfilm (45 Minuten), ein deutsch-tschechischer Bildungsfilm für Schulen (120 Minuten) und schließlich einzelne Epochendarstellungen, die dem geplanten Museum in Saaz für deutsch-tschechisch-jüdische Geschichte dienen sollen, einem weiteren Projekt des Fördervereins.
Quellen: 20. November 2015 / Förderverein der Stadt Saaz, Vorstand