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Besuch aus Israel

Am 30. Oktober 2012 besuchte Jane Vogel-Kohai aus Israel die Stadt Saaz. Sie ist Urenkelin des Saazer Rabbiners Aron Baerwald. Baerwald ist am am 9. Februar 1854 in Nakel a. d. Netze in Posen geboren. Er besuchte das Gymnasium Lissa i. P. und erfuhr dort seinen ersten Talmudunterricht bei seinem Onkel, dem Talmudisten R. Hamburger. 1873 bezog er das Jüdisch-theologische Seminar der Universität Breslau. 1877 promovierte mit der Arbeit „Flavius Josephus in Galiläa“ zum Doktor. 1881 wurde er nach bestandenem Examen zum Rabbiner in Saaz erwählt, wo er mit 36 Jahre am 3. Jänner 1891 gestorben ist und begraben ist. Sein Sohn Dr. Leo Baerwald wurde später Rabbiner in München.

Frau Vogel-Kohai wurde von Herr Šimáček und von Frau Becková im Namen des Fördervereins bzw. der jüdischen Gemeinde herzlichst willkommen geheißen. Man zeigte ihr die Reste des jüdischen Leben in Saaz, die Synagoge und den jüdischen Friedhof. Besonders interessiert war sie auch an den Plätzen, wo der Film „Yentl“ gedreht worden war. Sie versprach, bald wiederzukommen und den Förderverein in seinen Aktivitäten zu unterstützen.

Auf den Spuren des Antisemitismus in Böhmen

Israelische Journalisten informieren sich über die verschwundenen Juden von Saaz

Die Bürgermeisterin von Saaz, Ždenka Hamousová, auf der Pressekonferenz in Karlsbad

Eine hochrangige Delegation israelischer Journalisten  in Begleitung des neuen Leiters des Tschechischen Hauses in Tel Aviv, Lukas Prybil besuchte am letzten Wochenende Prag, Saaz und Karlsbad. Durch den Besuch einer deutsch-tschechischen Delegation in Israel 2010 zur Befragung ehemaliger Saazer waren sie auf das Schicksal ihrer Glaubensbrüder in Böhmen aufmerksam geworden. Die Zeitzeugenaussagen gingen danach in die Ausstellung „Die Juden von Saaz“ ein, die im Herbst 2010 gezeigt wurde.

Bereits lange vor der Okkupation durch Hitler entfaltete der Antisemitismus auch in Böhmen seine zerstörerische Kraft. Tschechen warfen den Juden vor, dass sie sich zum Deutschtum bekannten, während sie von Deutschen im Rassenwahn verachtet und verfolgt wurden. Nur wenige überlebten den Holocaust. In Saaz wurde das jüdische Leben unter der Naziherrschaft völlig ausgelöscht. Das dokumentierte eine Ausstellung, die vom Förderverein der Stadt Saaz/ Žatec eingerichtet und im Herbst 2010 in Saaz gezeigt wurde (www.saaz-juden.de). Sie ist Teil des gleichnamigen Projekts („Die Juden von Saaz“), das den Beitrag der Juden zur deutsch-tschechischen Kultur in Böhmen würdigen will, u. a. durch konservatorische Bemühungen um die Synagoge und den Jüdischen Friedhof.

Auf der Pressekonferenz am Sonntagabend im Karlsbader Hotel Imperial stellten sich die Bürgermeisterin von Saaz, Ždenka Hamousová, sowie die Vorsitzenden der „Landsleute und Freunde der Stadt Žatec“ und des deutschen „Fördervereins der Stadt Saaz|Žatec“, Mag. Petr Šimáček und Otokar Löbl, den Fragen der sieben israelischen Journalisten. Zuvor hatten sie die Projekte der Stadtverwaltung bzw. ihrer jeweiligen Vereine erläutert. Dazu gehört von Seiten des Fördervereins auch die Dokumentation der Luftbrücke von Saaz nach Haifa, über die der junge Staat Israel 1947-1949 mit Militärgütern versorgt wurde. Das Interesse der Pressevertreter bezog sich dabei aber nicht nur auf Fragen der Vergangenheit, sondern auch auf Zukunftsthemen wie den Fremdenverkehr.

Ausstellung anlässlich des Saazertreffens in Gmünd

Von Tobias Tschapka | Hilpolsteiner Volkszeitung 25. Spetember 2012

Im Rahmen des traditionellen Treffens des „Heimatkreises Saaz“ in Georgensgmünd fand am Vorabend im Rathausfoyer die Eröffnung der Wanderausstellung „Die wilde Vertreibung der Deutschen aus Nordböhmen 1945“ statt, die dort noch die kommenden vier Wochen zu sehen sein wird. Adolf Funk, der Vorstand des Saazer Heimatkreises, begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste, darunter auch Landrat Herbert Eckstein (SPD), der CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler, sowie der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Freller. Eine ganz besondere Ehre für Funk war es jedoch, Zdeňka Haumousová, die Bürgermeisterin der Stadt Žatec (auf Deutsch Saaz) begrüßen zu dürfen. Otokar Löbl, der Kurator der Ausstellung, fungierte gleichzeitig als Übersetzter. Musikalisch begleitet wurde die Ausstellungseröffnung von Gerhard Tschapka und seinem „bömischen Bock“, einem traditionellen Dudelsack.

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Zdeňka Haumousová, Otokar Löbl, Hans Raithel, Karl Freller, Martin Kastler, Adolf Funk

Laut Funk sei „Versöhnung durch Wahrheit“ der einzige Weg, um für die tschechische Bevölkerung und die Heimatvertriebenen wieder zu einem nachbarschaftlichen Verhältnis zu kommen. „Was den Menschen in beiden Ländern schon weitgehend gelungen ist, werden Politiker nicht ewig ignorieren und torpedieren können“, so Funk. Umso schöner sei es, beim diesjährigen Saazertreffens die erste Repräsentantin der Stadt Saaz begrüßen zu können. Funk fügte hinzu, dass das Saazer Heimattreffen und die Stadt Gmünd zusammengehören würden. Dem konnte Georgensgmünds Bürgermeister Ben Schwarz (SPD) nur beipflichten, schließlich bestand die Stadt Georgensgmünd nach dem Krieg zu einem Viertel aus Heimatvertriebenen. „Die gemeinsame Vergangenheit und Zukunft ist das, was uns verbindet“, sagte Schwarz

Laut Landrat Herbert Eckstein brauche Zukunft auch Herkunft, „auch wenn diese oft mit schmerzhaften Erinnerungen einhergeht. Diese Ausstellung trägt ihren Teil dazu bei, dass sich beide Seiten wieder offen und ehrlich in die Augen schauen können“, so Eckstein. Sie sei ein Geschenk für den Landkreis, in dem so viele Heimatvertriebenen eine neue Heimat gefunden hätten. Darüber hinaus auch sehenswert für die jüngere Generation, die die damaligen Geschehnisse nur aus Büchern kennen würden. Eckstein: „Es ist ein Glück für Europa, dass man inzwischen wieder offen miteinander reden kann.“ Einen Schritt weiter gegangen ist bereits der CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler – er ist mit einer Tschechin verheiratet. Man sei nicht nur in der Politik wieder zur Normalität zurückgekehrt, dürfe jedoch trotz vieler Gemeinsamkeiten nicht die bestehenden Schwierigkeiten vernachlässigen. „Eins ist sicher, sowohl die Tschechen als auch die Deutschen leben gut gemeinsam als Europäer in der EU“, ist Kastler überzeugt.

Für den CSU-Landtagsabgeordneten Karl Freller konnte es kein besseres Zeichen geben als die Anwesenheit von Bürgermeisterin Hamousová bei dieser Ausstellung. Erst vor kurzem besuchte er Israel zusammen mit dem Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer, eine Begegnung, die ihn dazu veranlasste, einige Worte des „Brückenbauers“ Mannheimer zu zitieren. Demnach sei zwar Hitler primär verantwortlich für die Opfer der Flucht und Vertreibung, „aber seine verbrecherische Politik entlaste niemanden, der furchtbares Unrecht mit furchtbarem Unrecht beantworte“. Laut Mannheimer gehören die Verbrechen in Zusammenhang mit der Vertreibung der Sudetendeutschen zu den historisch schlimmsten Taten des letzten Jahrhunderts, „aber sein wichtigste Aussage lautet: ‚Ich konnte niemals Hass empfinden, Hass ist niemals eine Lösung“.

Anschließend folgte eine Einführung des Initiators der Ausstellung, Otokar Löbl, für den historisches Wissen nicht nur die Kenntnis von Vergangenen bedeute, sondern vielmehr das Begreifen der Ursache, die zu den Ereignissen führte. Seine Ausstellung stelle demnach einen breiten Kontext der historischen Konfliktgemeinschaft von Deutschen und Tschechen dar, belegt mit Originaldokumenten und Aussagen von Zeitzeigen. „Um zu verhindern, dass die Geschichte in unseren Köpfen uns die Köpfe verdreht, ist es gut, sich immer wieder mit den dokumentarischen Fakten zu beschäftigen. Diese Ausstellung soll dazu beitragen“, so Löbl.

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Wie kam es zur Vertreibung der Sudetendeutschen?

Prominenter tschechischer Besuch beim traditionellen Saazer Treffen

Zum „Saazer Treffens“, das diesmal am 23. September 2012 im mittelfränkischen Georgensgmünd stattfand, wurde am Tag zuvor die Ausstellung „Wilde Vertreibung“ eröffnet, die schon in Frankfurt am Main, Nürnberg und Straubing Aufsehen erregt hat. Vor zahlreicher politischer Prominenz mahnte der Kurator der Ausstellung, Otokar Löbl vom Förderverein der Stadt Saaz|Žatec, eine Versachlichung der Debatte über die Vertreibung an und plädierte dafür, sie in den breiteren Kontext der historischen Konfliktgemeinschaft von Deutschen und Tschechen in Böhmen zu stellen.

Rathaus Georgensgmünd, Eingang zur Ausstellung

Rathaus Georgensgmünd, Eingang zur Ausstellung

An der festlichen Eröffnung im Rathaus nahmen nicht nur lokale Volksvertreter teil, darunter der fränkische EU-Abgeordnete und Vorsitzende der sudetendeutschen Ackermann-Gemeinde, Martin Kastler, sowie der Bürgermeister von Georgensgmünd, Ben Schwarz, sondern auch die herzlich begrüßte Bürgermeisterin von Saaz (Žatec), Ždenka Hamousová, und der ebenso willkommene Vorsitzende des Vereins der Landsleute und Freunde der Stadt Žatec, Mag. Petr Šimáček. Beide waren auch Gäste des Saazer Treffens, das der „Heimatkreis Saaz“ unter seinem Vorsitzenden Adolf Funk im Bürgerhaus ausrichtete.

Návštěvníci výstavy

Saaz|Žatec an der Eger ist eine Stadt in Nordböhmen. Im Zuge der Vertreibung wurden 1945 im Lager Postelberg über tausend Zivilisten aus Saaz und dem Saazer Land ermordet, von denen später an die 800 exhumiert wurden. Die Ausstellung informiert über Vorgeschichte, Umstände und Verantwortliche dieser Ereignisse mit Bildern und Zeugenaussagen. Eine besondere Rolle spielten dabei die kommunistische Partei und die kommunistisch beherrschten Sicherheitskräfte, allen voran die tschechoslowakische Armee. Es wird aber auch nicht verschwiegen, dass die nationalsozialistische Gewaltherrschaft über Böhmen den Boden für eine Politik der Rache und Vergeltung bereitete, die sich mit Enteignung und Vertreibung nicht begnügte.

Die Schatten der Vergangenheit haben das nachbarliche Verhältnis von Tschechen und Deutschen lange getrübt. Die Teilnahme der tschechischen Bürgermeisterin von Saaz an der Ausstellungseröffnung und am Gedenktreffen der vertriebenen Deutschsaazer zeigt indes, dass beide Völker aufeinander zugehen und bereit zur Versöhnung sind. Geschichtliche Auf­klärung über die Untaten beider Seiten in der Vergangenheit, über ihre Ursachen und Zusammenhänge, ist eine wichtige Voraussetzung dieses Versöhnungswerks und seinen Bestand in einer europäischen Zukunft.

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Ausstellung „Wilde Vertreibung“ in Straubing

Wanderausstellung des Fördervereins der Stadt Saaz|Žatec auf dem Bayerntag in Straubing (Joseph-von-Fraunhofer Halle 11.-19. August 2012 )

Die VertreibuHallen Straung der deutsch-böhmischen Bürger aus der Tschechoslowakei nach dem Krieg, von den Siegermächten als geordneter und humaner „Transfer“ gedacht, erlebte mit Quälereien und Massenmorden ihren Höhepunkt im Mai/ Juni 1945. Diese Ereignisse wurden als „wilde Vertreibung“ bezeichnet, bei der die tschechische Bevölkerung spontane Rache für erlittenes Unrecht unter der deutschen Besatzung nahm. Neueste Forschungen sind jedoch zum Schluss gekommen, dass diese Gräueltaten von Militär und Politik geplant und vor der eigenen Bevölkerung nach Möglichkeit verborgen wurden. Man durfte darüber in der Tschechoslowakei bis zum Ende des kommunistischen Regimes nicht öffentlich reden.

Die Ausstellung wurde mit Unterstützung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) im März dieses Jahres in Frankfurt a. M. eröffnet und danach beim Pfingsttreffen der Sudetendeutschen in Nürnberg von 26.-27. Juni gezeigt, wo sie von weit über tausend Besuchern wahrgenommen wurde. Sie präsentiert nicht nur bisher geheime Dokumente aus dem Prager Innenministerium, sondern stellt die Vertreibung der Deutschen in eine Reihe mit Vertreibungen der Vorkriegszeit, die vor allem in der Sowjetunion standfanden, aber auch von den deutschen Nationalsozialisten geplant waren. Sie verschweigt auch nicht die Verfolgung der Juden im „Sudetengau“ und die Repressalien gegen Tschechen im „Protektorat Böhmen und Mähren“, darunter Massenmorde als Vergeltung für Attentate von Widerstandskämpfern. Die Ausstellung wird nach Straubing am 22./ 23. September beim Saazer Treffen in Georgensgmünd (bei Nürnberg) und danach auch an anderen Orten gezeigt werden. Sie kann auch im Internet besichtigt werden.

Der Förderverein der Stadt Saaz|Žatec bemüht sich mit dieser Ausstellung und ähnlichen Projekten um eine Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen, die unter dem Motto „Versöhnung durch Wahrheit“ steht. Sie wird dabei von tschechischen Freunden und Aktivisten unterstützt, die ihrerseits Licht in die Nachkriegsvergangenheit bringen wollen. Diese Aufklärungsarbeit führte unter anderem dazu, dass in Postelberg, dem Ort des größten Massakers an Deutschen, 2010 ein Gedenkort für die Opfer eingerichtet wurde. Dazu wird eine vom Heimatkreis Saaz herausgegebene zweisprachige Dokumentation der Verbrechen von 1945, ihrer geheimen Untersuchung 1947 und ihrer gesellschaftlichen Bewältigung nach der „samtenen Revolution“ von 1989 erscheinen.

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Ausstellung „Wilde Vertreibung der Deutschen“ auf dem Sudetendeutschen Tag 2012

Reges Interesse beim Pfingsttreffen der Sudetendeutschen an der Wanderausstellung des Fördervereins der Stadt Saaz/ Žatec

Die Vertreibung der deutsch-böhmischen Bürger aus der Tschechoslowakei nach dem Krieg, von den Siegermächten als geordneter und humaner „Transfer“ gedacht, erlebte mit Quälereien und Massenmorden ihren Höhepunkt im Mai/ Juni 1945. Diese Ereignisse wurden als „wilde Vertreibung“ bezeichnet, bei der die tschechische Bevölkerung spontane Rache für erlittenes Unrecht unter der deutschen Besatzung nahm. Neueste Forschungen sind jedoch zum Schluss gekommen, dass diese Gräueltaten von Militär und Politik geplant und vor der eigenen Bevölkerung nach Möglichkeit verborgen wurden. Man durfte darüber in der Tschechoslowakei bis zum Ende des kommunistischen Regimes nicht öffentlich reden.

Die Ausstellung wurde mit Unterstützung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) im März dieses Jahres in Frankfurt a. M. eröffnet und war jetzt beim Pfingsttreffen der Sudetendeutschen in Nürnberg wieder zu sehen von 26.-27. Juni und von weit über Tausend Besuchern wahrgenommen. Sie präsentiert nicht nur bisher geheime Dokumente aus dem Prager Innenministerium, sondern stellt die Vertreibung der Deutschen in eine Reihe von Vertreibungen der Vorkriegszeit, die vor allem in der Sowjetunion standfanden, aber auch von den deutschen Nationalsozialisten geplant waren. Sie verschweigt auch nicht die Verfolgung der Juden im „Sudetengau“ und die Repressalien gegen Tschechen im „Protektorat Böhmen und Mähren“, darunter Massenmorde als Vergeltung für Attentate von Widerstandskämpfern. Die Ausstellung wird neuerlich beim Saazer Treffen in Georgensgmünd am 22./ 23. September und danach auch an anderen Orten gezeigt werden.

Der Förderverein der Stadt Saaz|Žatec bemüht sich mit dieser Ausstellung und ähnlichen Projekten um eine Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen, die unter dem Motto „Versöhnung durch Wahrheit“ steht. Sie wird dabei von tschechischen Freunden und Aktivisten unterstützt, die ihrerseits Licht in die Nachkriegsvergangenheit bringen wollen. Diese Aufklärungsarbeit führte unter anderem dazu, dass in Postelberg, dem Ort des größten Massakers an Deutschen, 2010 ein Gedenkort für die Opfer eingerichtet wurde. Dazu wird im Herbst dieses Jahres eine vom Heimatkreis Saaz herausgegebene zweisprachige Dokumentation der Verbrechen von 1945, ihrer geheimen Untersuchung 1947 und ihrer gesellschaftlichen Bewältigung nach der „samtenen Revolution“ von 1989 erscheinen.

 

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Ein Beitrag zur Versöhnung

Eine Ausstellung über die „Wilde Vertreibung“ zeigt, dass es im Katastrophenjahrzehnt 1938-1948 auf allen Seiten Verlierer gab.

VON KATHARINA BRUNS | LandesZeitung – Zeitung der Deutschen in der Tschechischen Republik 19. März 2012

Die Autorin ist Historikerin und lebt als freie Journalistin in Frankfurt am Main.

Katharina-BrunsImmer wieder bleiben sie stehen. Verharren still vor einer der Schautafeln. Für ein paar Minuten sind sie wieder dort – in Postelberg (Postoloprty), Saaz (Žatec) oder in auch in einem der vielen anderen Orte in Nordböhmen, die damals Schauplatz der brutalen Vertreibungen waren. Damals, das meint die Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, in denen keiner der deutschsprachigen Bürger Nordböhmens mehr sicher war.

Die Ausstellung „Die Wilde Vertreibung der Deutschen in Nordböhmen 1945“ in Frankfurt am Main zeigt ihren Besuchern anhand von Schautafeln chronologisch die Besiedlungsgeschichte Böhmen und Mährens. Man hat Wert darauf gelegt, sie von ihren Anfängen aus darzustellen, um die Entwicklungen und Beziehungen der verschiedenen Völker in den folgenden Jahrhunderten besser erklären zu können.

Vertreibung als solche ist in der Geschichte der beiden Identitätsgruppen keine Besonderheit. Aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit wurden im Verlauf der Jahrhunderte viele Menschen aus ihren Heimatgebieten vertrieben – Tschechen und Deutsche gleichermaßen. Im 20. Jahrhundert aber änderten sich die Beweggründe der Vertreiber und Vertriebenen. Das Jahrhundert der Ideologien und des Nationalismus brach an. Seinen schrecklichen Höhepunkt fand es in der grausamen Diktatur Adolf Hitlers.

Leid auf allen Seiten

Eine Ausstellung, die nicht nur umfassend informiert, sondern auch betroffen macht (Bild: LandesZeitung)

Eine Ausstellung, die nicht nur umfassend informiert, sondern auch betroffen macht (Bild: LandesZeitung)

Unter den Deutschen in Tschechien fand die Politik des Nationalsozialismus immer mehr Anhänger. Die Arbeitslosigkeit unter den so genannten „Sudetendeutschen“ war hoch und in gleichem Maße ihre Frustration. Nach der Gründung der Tschechoslowakei 1918 wurde die deutschsprachige Minderheit faktisch diskriminiert. Die daraus resultierende Unzufriedenheit ließ die „Sudentendeutschen“ wieder näher an Deutschland rücken und in ihnen die Hoffnung auf Hilfe aufkeimen. Und Adolf Hitler handelte. Im Zuge der Räumung des Sudetenlandes und der Besetzung der Tschechoslowakei wurden zahllose tschechische und deutschsprachige Intellektuelle, Oppositionelle und Juden verfolgt, weggesperrt oder ermordet.

Als es 1945 zur Kapitulation Deutschlands und dem Einmarsch der roten Armee kam, wurden in der Tschechoslowakei die Russen als Befreier gefeiert. Die neue Regierung der tschechoslowakischen Republik unter Edvard Beneš wurde von russischer Seite in ihrem Plan, das Land von den deutschen Mitbürgern zu säubern, in vollem Maße unterstützt.

Josef Hasenöhrl aus Podersam (Podbořany) stammend, der die Ausstellung mitorganisiert hat und selbst Zeitzeuge ist, erinnert sich:

Mit meiner Mutter war ich in Rübenfeldern, zwei Monate lang haben wir zwischen Rüben gelegen. Meine Mutter hatte Angst, dass sie vergewaltigt wird von den Russen.

Es begann die so genannte „Wilde Vertreibung“. Eine Zeit voller Angst und Willkür. Heute weiß man, dass diese „Abschiebungen“ in keiner Weise wild oder auch spontan waren, sondern von oberster Regierung geplant und gewollt. Im Mai 1945 forderte Edvard Beneš, vor allem die Deutschen in den böhmischen Ländern und die Ungarn in der Slowakei kompromisslos zu beseitigen. In der Zeit der „Wilden Vertreibung“ ist von schätzungsweise 3 Millionen Deutschen jeder vierte aus seiner Heimat vertrieben worden.

Erinnern ohne Scheuklappen“

Die Ausstellung zeigt anhand verschiedener Orte Nordböhmens, welche Auswirkungen die „Wilde Vertreibung“ auf die Menschen hatte und wie die persönlichen Erinnerungen an die Gräueltaten mit den Berichten der tschechischen Archive zu vereinbaren sind.

In seinem Geleitwort betont der Vorsitzende der „Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte“, Karl Harfen, die Wichtigkeit der Ausstellung zur Aufarbeitung der deutschen Vor- und Nachkriegsvergangenheit:

Die Ausstellung „Die Wilde Vertreibung der Deutschen in Nordböhmen 1945“ erklärt die Gewalt auf allen Seiten und verurteilt sie genauso wie die noch anzutreffende Rechtfertigung von Gewalt; sie stellt die Geschehnisse in einen historischen Zusammenhang, ohne das individuelle Erlebnis zu unterschlagen. Sie ist daher ein Beitrag zur Versöhnung“, so Hafen.

Der in Brünn lehrende Historiker Dr. Adrian von Arburg ruft in seinem Grußwort zu Empathie auf:

Jene Zeit, sie brachte viel zu viele Verlierer. Was wir brauchen, ist Empathie für alle. Für alle, welche von der damaligen Zeit dauerhaft verletzt wurden. Was wir brauchen, bitter sogar, ist ein gemeinsames Erinnern ohne Scheuklappen.

Geschichtsaufarbeitung als Therapie

 Der Ausstellungsleiter Otokar Löbl glaubt, dass gerade die Kombination aus persönlichen Zeugnissen und archivierten Dokumenten zur Aufklärung beitragen kann:

Die Ausstellung soll das historische Bild entnationalisieren. Sie soll der Jugend zeigen, dass es gewisse Vorgänge in der Geschichte gab, die sich immer wieder wiederholt haben. Wir holen mit dieser Ausstellung die Vergangenheit in die Gegenwart – mit Blick auf die Zukunft. Nur so können wir unter Umständen Fehler in der Zukunft vermeiden.

Nach all den Jahren bewegen die Bilder und Kommentare der Ausstellung die betroffenen Besucher noch immer. Otokar Löbl sieht darin eine Chance, mit dieser Ausstellung eine gewisse therapeutische Wirkung zu erzielen:

Sie müssen sehen, diese Leute sind ja auch traumatisiert. Die durften jahrelang nicht darüber reden, was ihnen passiert ist. Es ist wichtig, dass man das, was war, auch zeigt. Und durch die originalen tschechischen Dokumente kann man dies auch verifizieren.

www.landeszeitung.cz

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