Ist das „Museum der Deutschen in den böhmischen Ländern“ in Gefahr? Eine spektakuläre Personalie sorgt für Aufregung / Direktorin entlassen
Redaktionelle Vorbemerkung: Im Zusammenhang mit dem geplanten Museum für deutsch-tschechisch-jüdische Kultur im Saazer Land haben wir auch über das Aussiger Projekt eines „Museums der Geschichte und Kultur der Deutschen in den böhmischen Ländern“ berichtet (Johannes von Saaz Museum – Die Planung geht voran). Vorausgegangen war ein Artikel zu diesem Thema von Luboš Palata (Symbol der Versöhnung). Wegen der großen Bedeutung des Aussiger Museumsprojekts für die deutsch-tschechische Versöhnung übernehmen wir hier mit freundlicher Genehmigung einen aktuellen Bericht aus dem Prager „Landesecho“, der Zeitung für die Deutschen in der Tschechischen Republik.
Von Alexandra Mostýn | LandesECHO 18. Dezember 2016
Ein Erdbeben mittleren Grades erschütterte vor knapp sechs Wochen die derzeitige Idylle des deutsch-tschechischen Verhältnisses: Am 1. November 2016 entließ der Verwaltungsrat des Aussiger Collegium Bohemicum dessen Direktorin Blanka Mouralová mit einer überwältigenden Mehrheit von 8 von 9 Stimmen. Die Sitzung an Allerheiligen war zwar kurzfristig einberufen worden. Doch schon am 15. September hatte der Aufsichtsrat des Collegium Bohemicum die Abberufung Mouralovás beschlossen und fünf Tage später an den Verwaltungsrat weitergegeben. Das, zumindest vorläufige, Ende der Ära Mouralová im Collegium Bohemicum, hat bislang vor allem eines bewirkt: Unsicherheit. Nicht nur in Aussig (Ústí nad Labem), sondern auch in Prag, Berlin und München. Denn das Collegium Bohemicum ist nicht nur irgendeine von vielen Institutionen, die sich den deutsch-tschechischen Beziehungen widmen. Es ist vor allem der Träger des international wohl größten und prestigeträchtigsten Projekts, mit dem die Tschechische Republik das 800-jährige Zusammenleben von Deutschen und Tschechen würdigen will: der lang geplanten Dauerausstellung der deutschsprachigen Bewohner der Böhmischen Länder im Aussiger Stadtmuseum.
„Ein Fragezeichen hängt über der Ausstellung“ titelte die tschechische Tageszeitung MF Dnes nach dem Sturz Mouralovás. Die Sudetendeutsche Zeitung faselte derweil von Kleingeistern in Aussig und fabulierte gar von einem „Aus für Aussig“. Der deutsche Historiker Werner Imhof kündigte sogar an, er werde nun die historischen Leihgaben, die er dem Aussiger Museum zur Verfügung gestellt hat, zurückfordern.
„All diese Spekulationen sind einfach Unsinn“, versucht der stellvertretende Kulturminister Vlastislav Ouroda, Mitglied des Verwaltungsrats des Collegium Bohemicum, die Wogen zu glätten. Schließlich, so Ouroda, wurden aufgrund dieses Projekts von der Europäischen Union im Jahre 2010 Fördermittel in Höhe von knapp 400 Millionen Kronen [knapp 15 Mio. Euro; Anm. d. Red.] zu Verfügung gestellt, die in die Renovierung des Aussiger Stadtmuseums flossen, das die Dauerausstellung beheimaten wird. „Diese Fördermittel würden wir zurückzahlen müssen, sollte die Ausstellung nicht realisiert werden“, erklärt Vlastislav Ouroda.
Dabei ist die Ausstellung selbst schon mehr oder weniger fertig. Und niemand, selbst ihre
Feinde, würde je bezweifeln, dass Blanka Mouralová nicht nur Herz und Seele, sondern auch das Gesicht der Ausstellung ist. Mit viel Energie und Herzblut hat sich die heute 42-jährige Mouralová in das Projekt gestürzt, seitdem sie 2007 vom Tschechischen Zentrum in Berlin nach Aussig übergesiedelt ist, um dort die Leitung des kurz zuvor gegründeten Collegium Bohemicum zu übernehmen. Dort hat sie es in den vergangenen Jahren geschafft, eine anfangs eher regional geplante Ausstellung zu einem internationalen Prestigeprojekt zu machen, einem tschechischen Partner des Sudetendeutschen Museums, das 2018 in München eröffnen soll.
800 Jahre in 20 Räumen
Gemeinsam mit ihrem Kollegen Jan Šicha ist sie auf der Jagd nach Exponaten Tausende von Kilometern gefahren, hat Hunderte von Zeitzeugen, Sammlern und Antiquariaten besucht. In einem in der tschechischen Museumsgeschichte einzigartigen Architekturwettbewerb, den das Collegium Bohemicum 2011 ausgeschrieben hatte, wurde dann die eigentliche Form bestimmt, die die Ausstellung in den oberen Stockwerken des Aussiger Stadtmuseums annehmen wird. In zwanzig Räumen, die über zwei Stockwerke reichen und mit einer Wendeltreppe miteinander verbunden sind, wird da die Geschichte der deutschsprachigen Bevölkerung im heutigen Tschechien dargestellt werden.

Blanka Mouralová wägt ab, ob sie als Kuratorin der Ausstellung (hier in der „böhmischen Wirtsstube“, im Hintergrund Jan Šicha) weitermachen wird.
„Wir wollen das lange Zusammenleben zwischen Deutschen und Tschechen nicht auf die Konflikte des 20. Jahrhunderts reduzieren“, sagt Blanka Mouralová. Gleich am Anfang der Exposition wird daher anhand eines Films definiert, was einen Deutschen in Böhmen und Mähren eigentlich ausmachte: Sprache, Landschaft, Kultur. Aber auch dem deutschen Unternehmertum in Böhmen, Mähren und Schlesien ist ein eigener Raum gewidmet. Immerhin wurden im alten Österreich die meisten Patente gerade in den deutsch besiedelten Gebieten Böhmens und Mährens angemeldet, das nicht umsonst als das industrielle Herz der Monarchie galt. In fünf weiteren Räumen wird dann das kulturelle deutschsprachige Leben in fünf verschiedenen Städten thematisch dargestellt. Nicht fehlen darf natürlich eine komplett eingerichtete Wirtsstube im Stil des frühen 20. Jahrhunderts.
Ursprünglich war geplant, die Ausstellung schon 2012 zu eröffnen. Doch das scheiterte an
verschiedenen bürokratischen, baulichen und nicht zuletzt finanziellen Hürden. Da die EU-Fördermittel ausschließlich für den Umbau des Aussiger Stadtmuseums, einer 1876 im Neo-Renaissance-Stil erbauten Knabenschule, bestimmt waren, musste das Collegium Bohemicum seine Mittel selbst auftreiben. Zum einen, zum Beispiel für den Ankauf von Exponaten oder Rechten, erhielt es Unterstützung vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds oder dem Goethe-Institut. „Zwischen 2008 und 2014 ist es mir gelungen rund 100 Millionen Kronen [3,7 Mio. Euro] an Drittmitteln und Projektgeldern für das Collegium Bohemicum zu gewinnen, das damals mit einem Jahresetat von nur 400.000 Kronen wirtschaftete“, sagt Blanka Mouralová. Die Summe von 50,5 Millionen Kronen hatte die tschechische Regierung zudem noch der Ausstellung versprochen. Diese Gelder blieben bis Anfang dieses Jahres knapp zehn Jahre lang allerdings virtuell. Auch deswegen, weil es in den Jahren 2006 bis 2013 keine tschechische Regierung geschafft hat, die gesamte Legislaturperiode über im Amt zu bleiben, verzögerte sich die Auszahlung der versprochenen Gelder bis Mai dieses Jahres.
Mär vom Kulturkampf
Umso größer ist jetzt allerdings die Verwunderung, dass Blanka Mouralová gerade zu dem Zeitpunkt von ihrer Funktion abberufen wurde, als endlich alles in trockenen Tüchern zu liegen schien. Hat man ihr auf der Zielgerade ein Bein gestellt oder ist ihr selbst die Puste ausgegangen? „In dem Moment, in dem die Gelder in Sicht waren, hat das Aussiger Stadtmuseum begonnen, sich sehr aktiv für die Belange des Collegium Bohemicum zu interessieren. Ich hatte das Gefühl, man möchte da etwas finden“, sagt Mouralová.
So richtig überraschend kam das Aus für sie nicht. Schon im Sommer 2014 schrieb die MF Dnes, Mouralová habe mit Problemen zu kämpfen, weil die von ihr konzipierte Ausstellung nicht „pro-tschechisch“ genug war. Ein damaliges Aufsichtsratsmitglied, der Rechtsanwalt und Ex-Berater von Václav Klaus, Jaroslav Kuba, mache Druck auf Mouralová, weil ihm das Konzept der Ausstellung nicht tschechisch genug sei, zitierte die Zeitung eine nicht näher genannte Quelle aus dem tschechischen Außenministerium. Kuba, der 2014 für die rechtsextreme Partei des verurteilten Antisemiten Adam B. Bartoš „Nationale Demokratie“ für das Europaparlament kandidiert hat, gilt auch in Aussig als jemand, der in Bezug auf das Collegium Bohemicum Standpunkte vertrat, die aus der stalinistischen Zeit der frühen 1950er stammen könnten. Inzwischen ist er allerdings in keinem der Gremien des Collegium Bohemicum mehr vertreten.
„Die Behauptung, man sei gegen die Ausstellung, weil sie nicht tschechisch genug sei, wiederholt sich immer wieder“, sagt Kristina Kaiserová, Verwaltungsratsvorsitzende des Collegium Bohemicum. „Dabei wurde die inhaltliche Ausrichtung der Ausstellung von keinem der Gremien des Collegium Bohemicum je in Frage gestellt“, meint Kaiserová, die den Fachbereich slawisch-deutsche Studien an der Aussiger Universität leitet. Die promovierte Historikerin ist Gründungsmitglied der Gesellschaft für Geschichte der Deutschen in Böhmen, die neben der Aussiger Universität, dem Kulturministerium und der Stadt Aussig zu den vier Trägern des Collegium Bohemicum gehört. „Dass wir als Historiker uns hier an irgendeiner nationalistischen Propaganda gegen das Konzept des Collegium Bohemicum beteiligen würden, kann niemand ernsthaft glauben, der unsere Arbeit in diesem Bereich kennt“, sagt Kaiserová.
Als Verwaltungsratsvorsitzende des Collegium Bohemicum hat Kaiserová für die Abberufung Mouralovás gestimmt. „Ich möchte betonen, dass ich die Verdienste Blanka Mouralovás für die Dauerausstellung sehr schätze“, sagt Kaiserová. Doch die Ausstellung ist nur ein Standbein des Collegium Bohemicum, das nicht nur museumspädagogisch, sondern auch als eine wissenschaftliche Institution der deutsch-tschechischen Beziehungen wirken soll. Als solche vergibt das Collegium Bohemicum Promotionsstipendien, organisiert Konferenzen zu verschiedenen Punkten des deutsch-tschechischen Verhältnisses und schickt Zeitzeugen in Schulen. Nicht minder wichtig seien die kulturellen Veranstaltungen wie die „Tage der deutsch-tschechischen Kultur“, die jeden Herbst parallel im böhmisch-sächsischen Grenzgebiet stattfinden.
Fremde Stadt
„Die einzige Person, die öffentlich anzweifelt, dass Blanka Mouralová weiterhin für das Collegium Bohemicum arbeiten wird, ist Blanka Mouralová selbst“, sagt Kristina Kaiserová. Denn neben ihrem Vertrag als Direktorin hat sie, so Kaiserová, noch einen weiteren Arbeitsvertrag als Projektmanagerin des Collegium Bohemicum. „Dieser Vertrag ist noch gültig. Blanka Mouralová ist weiterhin in Vollzeit im Collegium Bohemicum angestellt, auch wenn sie derzeit im Mutterschutz ist“, sagt Kaiserová.
So richtig angekommen ist Blanka Mouralová in Aussig nie. „Ich hatte nie das Gefühl, dass dort überhaupt jemand meinen Enthusiasmus für das Projekt teilt oder gar verstand, warum ich dort war“, sagt sie. „Mir kam es immer so vor, als ob man von mir erwarte, es mir erst zu verdienen, überhaupt dort sein zu dürfen“, sagt sie. Einmal, als die Stadt über einen neuen Vertrag für das Collegium Bohemicum verhandelte, sei sie gar nicht zur Sitzung vorgelassen worden und musste auf dem Gang warten. „Ich fühlte mich teilweise von sämtlichen Informationen isoliert“, erinnert sie sich.
„Blanka Mouralová hat sich immer mehr in ihren eigenen Freundeskreis verschlossen und die Kommunikation nach außen vernachlässigt“, wirft ihr indes Kristina Kaiserová vor. „Das hat sich leider in der Wahrnehmung des Collegium Bohemicum durch einige Kollegen niedergeschlagen“, sagt Kaiserová, die meint, Mouralová habe auf viele arrogant gewirkt.
Dass Aussig Mouralová nicht aufgenommen habe, lehnt Kaiserová ab. Als 2014 eine Kontrolle des Höchsten Staatlichen Kontrollamts ernsthafte Fehler bei der Schöpfung staatlicher Zuschüsse feststellte, legte die Finanzdirektion dem Collegium Bohemicum eine Strafe in Höhe von 1,1 Millionen Kronen auf. „Die Stadt Aussig hat die Summe dann dem Collegium Bohemicum geliehen, damit es diese Sanktion überhaupt bezahlen kann. Wäre das nicht geschehen, wäre das Collegium Bohemicum heute im Konkurs“ sagt Kaiserová.
In seiner Pressemitteilung zur Abberufung Blanka Mouralovás erklärt der Verwaltungsrat, es habe ihre Kräfte überschritten, gleichzeitig die Ausstellung zusammenzubringen und das Collegium Bohemicum effektiv zu leiten. Letzteres bestätigt auch das tschechische Kulturministerium, das Blanka Mouralová vorwirft, es in einigen Fällen nicht geschafft zu haben, Fördergelder in voller Höhe zu schöpfen. Zudem wird sie kritisiert, seit zwei Jahren nicht mehr wirklich im Collegium Bohemicum präsent zu sein, seitdem sie 2014 eine leitende Stelle beim tschechischen Stasi-Archiv ÚSTR angenommen hat.
Türen bleiben offen
Bleibt natürlich die Frage, warum man bei einem so international wichtigen Projekt nicht einfach mehr Leute anstellt. Blanka Mouralová hat ihre Kompetenzen in der Konzeption und Durchführung des wichtigen Ausstellungsprojekts, das sie persönlich Bundespräsident Gauck vorgestellt hat, bewiesen. Es scheint, in Aussig ist es vor allem zu einem massiven Kommunikationsproblem gekommen.
Wichtig ist aber, wie es weitergeht. Im Januar 2016 wurde ein neuer Vertrag zwischen dem Collegium Bohemicum und seinen Trägern abgeschlossen, in dem sich die Stadt Aussig bereiterklärt, dem Collegium Bohemicum weiterhin unentgeltlich Büroräume im Stadtmuseum zur Verfügung zu stellen und sämtliche Nebenkosten zu tragen. Außerdem hat sich die Stadt verpflichtet, das Collegium Bohemicum jährlich mit Mitteln von bis zu 1,5 Millionen Kronen zu unterstützen. „Realistisch ist, dass die Dauerausstellung über die Geschichte der deutschsprachigen Bewohner der Böhmischen Länder Ende 2018 eröffnet wird“, sagt Kristina Kaiserová. Blanka Mouralová würde sie gerne weiterhin als Kuratorin der Ausstellung sehen, betont sie.
„Ich werde es mitüberlegen, es hängt sowohl davon ab, wer mein Nachfolger im Collegium Bohemicum wird und welche Bedingungen mir geboten werden“, wägt Blanka Mouralová noch ab. Das Angebot, die Ausstellung weiter zu betreuen ist jedenfalls kein Lippenbekenntnis, sagt der stellvertretende Kulturminister Vlastislav Ouroda: „Wenn Blanka Mouralová als Kuratorin ihr Werk zu seinem Höhepunkt bringen will, stehen ihr alle Türen offen. Und das ist keine leere Geste.“
„Nichts ist so unveränderlich wie die Veränderung“
Geschichte des Saazer Landes: der Film von Jörg-Peter Schilling
Saaz, 27. September 2016: an diesem Tag lud der Förderverein im Salon des Hotels Černý Orel (Schwarzer Adler) zur Vorführung eines Trailers des Films „Deutsche und Tschechen im Saazer Land“. Der Film ist Teil des Projekts „Johannes von Saaz Museum für deutsch-tschechisch-jüdische Kultur im Saazer Land“. Er soll in Deutschland und Tschechien als Unterrichtsmaterial dienen und auch im Fernsehen gezeigt werden. Erzählt wird darin die gemeinsame Geschichte von Tschechen und Deutschen in und um Saaz über tausend Jahre hinweg. Mitveranstalter waren der „Verein der Landsleute und Freunde der Stadt Žatec“, das „Institut Ackermann aus Böhmen“ und das Filmstudio Sirius aus Meura/ Thüringen.
In seiner Begrüßung sprach der Stuttgarter Historiker Dr. Andreas Kalckhoff über den großen Wandel, den die böhmische Kultur im Laufe ihrer langen Geschichte erlebt hat:
„Viele Jahrhunderte haben verschiedene Sprachgemeinschaften, Religionen und Konfessionen hier zusammengelebt und zwar die meiste Zeit friedlich und zum gegenseitigen Nutzen. Sie haben gemeinsam eine böhmische Kultur geschaffen. Wie eigentlich alle Kulturen in Europa handelt es sich um eine Mischkultur, zu der verschiedene sprachliche, politische und religiöse Einflüsse beigetragen haben. Es gibt keine „völkischen“ Kulturen in Europa, sondern vielmehr eine abendländische Kultur mit verschiedenen regionalen Ausprägungen.“
„Unser Museum will vorführen, wie eine Gesellschaft im Laufe vieler Jahrhunderte über extreme politische, kulturelle und ideologische Veränderungen hinweg immer wieder zu sich selbst gefunden und sich mit ihren Nachbarn verständigt hat. Der Mensch lebt in der Gegenwart und überblickt dabei immer nur einige Jahrzehnte. Vieles, was er dabei erlebt, bleibt ihm unverständlich und macht ihm Angst. Schnelle politische, wirtschaftliche und technologische Veränderungen erfährt er oft als Bedrohung. Der Blick über einen längeren Zeitraum der Vergangenheit kann ihn mehr Gelassenheit im Umgang mit dem geschichtlichen Wandel lehren. Nichts ist so unveränderlich wie die Veränderung.“

Auf dem Podium (v. r. n. l.): Jörg Schilling, Petr Šimáček, Otokar Löbl, Josef Žid, Andreas Kalckhoff, Dolmetscherin, Gerhard Gerstenhöfer
Das Museum
Otokar Löbl, Vorsitzender des Fördervereins der Stadt Saaz|Žatec, gab danach einen Überblick über das Museumsprojekt. Sein Ziel sei es, die Geschichte der Region in all ihren kulturellen, religiösen, politischen und wirtschaftlichen Facetten darzubieten. Dabei solle nicht nur ein Stück europäische Geschichte abgebildet werden, man hoffe auch, damit ein historisches Modell für das künftige Zusammenleben der Völker in Europa zu liefern. Man wolle dabei aber keineswegs über die Schwierigkeiten und Brüche im multikulturellen Zusammenleben hinweggehen. So hätten Nationalismus und Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert zu jener tiefgreifenden Krise geführt, die wir alle noch in Erinnerung haben. Ab 2017 würden wissenschaftliche Seminare das Museum inhaltlich vorbereiten.
Ing. Josef Žid äußerte sich anschließend im Namen des Ministeriums für Regionalentwicklung der Tschechischen Republik positiv zu diesem Vorhaben und sicherte die Unterstützung seiner Behörde zu. Er wies freilich daraufhin, dass weder die Stadt Saaz noch der tschechische Staat die Mittel hätten, solch ein Museum vollständig zu finanzieren. Die Finanzierung müsse deshalb von außen kommen, etwa von der EU oder privaten Sponsoren.
Der Film
Höhepunkt der Veranstaltung war die Vorführung eines Trailers zu dem Dokumentarfilm „Deutsche und Tschechen im Saazerland“, der nach einjähriger Recherche- und Drehzeit nun in mehreren Fassungen geschnitten wird. Jörg Schilling, der Leiter des Filmstudio Sirius, zeigte dabei Ausschnitte seines reichen Materials an Landschafts- und Architekturaufnahmen, an illustrativen Spielszenen und aktuellen Interviews mit tschechischen und deutschen Historikern. Drehbuch und Begleittexte entstanden in Zusammenarbeit mit dem Förderverein der Stadt Saaz|Žatec, als Regieassistent half Ing. Petr Šimáček, Vorsitzender des Vereins der Landsleute und Freunde der Stadt Žatec. Es wird am Ende mehrere Versionen des Films in unterschiedlicher Länge und jeweils in beiden Sprachen geben.
Das Publikum aus Pressevertretern, Stadtverordneten, Vertretern der jüdischen Gemeinde Teplitz, interessierten Bürgern und Freunden der Stadt Saaz nahmen die Präsentation mit Beifall auf und diskutierten anschließend lebhaft.
Weiterführende Information zum Museumsprojekt liefert ein Flyer des Fördervereins.
Sudetendeutsche Landsmannschaft verabschiedet sich endgültig vom Revanchismus
Sprecher Bernd Posselt setzt sich mit seinem Reformkurs durch
VON ANDREAS KALCKHOFF
Bereits vor ihrem traditionellen Pfingsttreffen 2015 hatten die Sudetendeutschen auf ihrer Bundesversammlung beschlossen, die „Wiedergewinnung der Heimat“ aus den Vereinszielen zu streichen. Eine überwältigende Mehrheit – fast 72 Prozent – hatten dafür gestimmt, doch eine lautstarke Minderheit protestierte wütend und focht die Abstimmung wegen eines Formfehlers an. Jetzt bestätigten die Delegierten der diesjährigen Versammlung die Satzungsänderung mit gleich hoher Stimmenzahl.
Bernd Posselt, langjähriger Europaabgeordneter und Motor der Erneuerungsbewegung bei den organisierten Sudetendeutschen, wurde mit 88 Prozent erneut an die Spitze des Vertriebenenverbandes gewählt. Er hatte zuvor seinen Reformkurs mit Blick auf die nächste Generation verteidigt, die es zu gewinnen gelte. Außerdem habe der Brückenschlag zum tschechischen Volk Priorität bei der landsmannschaftlichen Arbeit im 21. Jahrhundert.
Landsmannschaft im 21. Jahrhundert angekommen
Damit hat sich die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) endgültig vom Revanchismus verabschiedet. Unter Revanchismus versteht man eine Politik der notfalls gewaltsamen Rückgewinnung verlorener Gebiete, wie sie Frankreich nach dem Verlust von Elsass-Lothringen 1871 gegen Deutschland betrieb. Zwar hatte die SL 1950 in einer Charta der deutschen Heimatvertriebenen auf Rache und Vergeltung verzichtet – als ob es tatsächlich ein Recht darauf gäbe –, aber ein göttliches Grundrecht auf Heimat deklariert, dessen mögliche Realisierung nebulös blieb.
Die SL wurde da schon deutlicher. Sie behauptete in § 3 ihrer Satzung nicht nur einen „Rechtsanspruch auf die Heimat“, sondern wollte auch „deren Wiedergewinnung und das damit verbundene Selbstbestimmungsrecht der Volksgruppe durchzusetzen“. Von Gewalt war auch dabei nicht die Rede, aber der Realitätssinn einer solchen Forderung stand doch arg in Frage. Wiedergewinnung durchsetzen – wie denn? Posselt hält denn diese Formulierungen jetzt auch für problematisch: sie könnten „missverstanden werden als Gebietsanspruch, als Wunsch nach Grenzänderung“. Und er fügt hinzu: „Das will doch kein Mensch, der bei Trost ist.“
Partnerschaftliche Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen
Dieser Absatz c in § 3 wurde nun endgültig gestrichen, ebenso die Forderung nach „Rückgabe bzw. gleichwertigem Ersatz oder Entschädigung des konfiszierten Eigentums der Sudetendeutschen“. Stattdessen seien „Völkermord, Vertreibungen, ethnische Säuberungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, menschen- und völkerrechtswidrige Enteignungen sowie Diskriminierungen weltweit zu ächten und dort, wo sie erfolgten, auf der Grundlage eines gerechten Ausgleiches zu heilen“. Nach wie vor bleibe es ein Ziel der SL, „zur Verständigung der Völker in Europa auf der Basis von Wahrheit und Recht, insbesondere zur Herstellung von partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen, beizutragen“.
In Prag wurde die geplante Satzungsänderung bereits 2015 freundlich aufgenommen. Außenminister Lubomír Zaorálek erklärte damals, die Entscheidung sei „eine der Voraussetzungen für eine Verbesserung der Beziehungen“ zu den Sudetendeutschen. Und einer seiner Vorgänger im Amt, Karel Schwarzenberg, forderte die Tschechen auf, nun „ihrerseits Zeichen zu setzen“.
Workschop „Juden in Bayern und Böhmen“
Kulturgeschichte, Musealisierung und konservatorische Herausforderungen“ | Akademie Mitteleuropa, Bad Kissingen 1.-3. November 2015
Die 2014 von der Akademie Mitteleuropa e.V. (Bad Kissingen), der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen (Zuzana Finger, München) und dem Verein Omnium z.s. (Jakub Děd, Braunau/Broumov) initiierte Arbeitsgruppe „Denkmalpflege in Bayern und Böhmen“ ist eine nicht institutionell verankerte Interessens- und Arbeitsgruppe von Vertreterinnen und Vertretern der musealen und denkmalpflegerischen Praxis, die sich mit zentralen Themen und Aufgaben zum gemeinsamen kulturellen Erbe von Tschechen und Deutschen beschäftigen. Der internationale Workshop „Juden in Bayern und Böhmen – Kulturgeschichte, Musealisierung und konservatorische Herausforderungen“, der vom 1. bis 3. November in Bad Kissingen stattfand, wurde von der Arbeitsgruppe organisiert und durchführt.
Daniela Eisenstein (Fürth) thematisierte im Rahmen des Workshops Probleme der Musealisierung jüdischer Kulturgeschichte am Beispiel des von ihr geleiteten Jüdischen Museums in Fürth, das drei Dependancen in Fürth, Schnaittach und Schwabach hat. Jüdische Museen seien nach dem Zweiten Weltkrieg über den Anspruch der Vermittlung jüdischer Geschichte und Kultur – mit einem deutlichen Fokus auf die Schoa – mehr denn je Orte demokratischer Selbstvergewisserung geworden. Timo Saalmann (Nürnberg) stellte die von ihm kuratierte Ausstellung „Jüdisches in Bamberg“ vor, die 2013/14 in den Historischen Museen der Stadt Bamberg zu sehen war und mittlerweile in die Dauerausstellung integriert wurde. Ausgehend von der lokalen „Hausgeschichte“ bilden Fragen der Assimilation in christlichem Kontext, die Geschichte Synagogen in Bamberg sowie Kultobjekte die inhaltlichen Schwerpunkte der Präsentation. Otokar Löbl (Frankfurt am Main) erläuterte das Konzept seiner Ausstellung „Die Juden von Saaz/Žatec“ (www.saaz-juden.de/www.zatec-zide.eu), die zum ersten Mal 2010 in tschechischer Sprache zu sehen war und in überarbeiteter Fassung (tschechisch, deutsch, englisch) seit 2014 in der Saazer Synagoge gezeigt wird. Die Stadt Prag hatte mit Blick auf die jüdische Geschichte, die dort bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht, sowie auch die konservatorische Behandlung der spezifischen Denkmäler in den verschiedenen politischen Systemen, immer eine Sonderstellung, wie Peter Brod (Praha/Prag) betonte. Ein erstes jüdisches Museum entstand bereits 1906; intensivere Versuche einer Dokumentation und Musealisierung jüdischen Kulturguts seien bereits in der Zwischenkriegszeit unternommen worden; in den 1930er Jahren wurde unter den Nationalsozialisten ein „Jüdisches Zentralmuseum“ eingerichtet. Nathanja Hüttenmeister (Essen) gab anhand der epigrafischen Datenbank des Salomon Ludwig Steinheim-Instituts (http://steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat) eine Einführung und einen Überblick über die Geschichte und Kulturgeschichte der jüdischen Friedhöfe im Bereich der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Die Sepulkraldenkmäler aschkenasischer Gemeinden, bei denen die Grabstelen in der Regel aufrecht stehen, unterscheiden sich dabei von denen sephardischer Gemeinden mit zumeist liegenden Grabplatten, die auch eine reiche bildhauerische Ausstattung aufweisen können. In Böhmen seien viele jüdische Friedhöfe oberflächlich verschwunden, ihre Lage oft überhaupt nicht bekannt, wie Karel Velkoborský (Neuern/Nýrsko) betonte. Eine Ursache dafür liege in der oft abseitigen und landschaftlich problematischen Lage. Wiederentdeckte und freigelegte Anlagen bewegen sich heute im Spannungsfeld von (oft rekonstruierten und damit in ihrer Disposition geänderten) Denkmalorten und „auf ewige Zeiten“ angelegten Orten der letzten Ruhe. Den architektonischen Zeugnissen jüdischen Lebens in Böhmen galten die Vorträge von Bára Větrovská (Aussig/Ústí n. L.) und Martin Krsek (Aussig/Ústí n. L.). Větrovská gab einen Überblick über die zahlreichen von 1938 bis 1989 vernichteten Bauwerke in Nordböhmen. Als eines der wenigen Beispiele für den Erhalt und die Restaurierung der spezifischen Denkmäler in der Region gilt die Synagoge in Auscha/Úštěk, die nach jahrzehntelanger landwirtschaftlicher Fremdnutzung im Jahre 2003 wieder der Öffentlichkeit übergeben werden konnte. Im Rahmen der deutsch- und tschechischsprachigen Architekturdokumentation für die Stadt Aussig/Ústí n. L. http://www.usti-aussig.net/ seien – so Krsek – ebenfalls jüdische Denkmäler zu finden, wobei eine spezifische jüdische „Kategorie“ ein Desiderat ist. Stanislav Děd (Komotau/Chomutov) führte in die jüdische Geschichte der Stadt Komotau ein, die sehr spät – 1848 – begann und bis 1938 dauerte. Die Aufarbeitung der kurzen, jedoch sehr intensiven jüdischen Stadtgeschichte (1849 waren bereits zwei Synagogen errichtet) mit ihren „Persönlichkeiten“ steht noch am Anfang; zeitnah wird eine Ausstellung über die Brüder Erich und Paul Heller († 1990 und 2001) im Komotauer Stadtmuseum zu sehen sein. Josef Märc (Aussig/Ústí n. L.) betonte die Notwendigkeit einer altersspezifischen Vermittlung jüdischer Kulturgeschichte an der Schule. In Komotau/Chomutov gebe es in diesem Zusammen zahlreiche Initiative und Aktionen, die in Zusammenarbeit etwa mit dem Jüdischen Museum in Prag, der Gedenkstätte Theresienstadt oder dem Institut für das Studium totalitärer Regime (Ústav pro studium totalitních režimů) konzipiert und durchgeführt werden. In Zipser Neudorf/ Spišská Nová Ves, wo bis zum Zweiten Weltkrieg eine signifikante jüdische Minderheit gelebt hat, existieren in Zusammenarbeit mit den dortigen Schulen eine Reihe von Initiativen zur Aufarbeitung und Pflege jüdischer Geschichte, worunter die Erneuerung des jüdischen Friedhofs (Neueröffnung 2007) einen besonderen Stellenwert hat, so Růžena Kormošová (Zipser Neudorf/Spišská Nová Ves).
Der von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderte Workshop beschäftigte sich mit der transnationalen, fast tausendjährigen Geschichte der Juden in Mitteleuropa in der heutigen Bundesrepublik und der Tschechischen Republik und ihren Zeugnisse vor allem der materiellen Kultur. Von einem regional komparatistischen Ansatz – vor allem mit Fokus auf die Nachbarregionen Franken und Böhmen – ausgehend wurden nicht nur spezifische kulturhistorische Phänomene beleuchtet, sondern vor allem Fragen der Dokumentation und Musealisierung von materieller (und immaterieller) Kulturgeschichte und deren Vermittlung an Multiplikatoren und Laien. Von Interesse waren spezifische Projekte und Initiativen zur Pflege jüdischen Kulturguts mit dem Ziel des fachlichen Austauschs und der nachhaltigen Vernetzung von Akteuren im denkmalpflegerischen und musealen Bereich. Darüber hinaus fungierte der Workshop als Forum, das aktuelle denkmalpflegerische Fragestellungen und Probleme diskutiert, akuten konservatorischen Handlungsbedarf aufzeigt sowie grenzübergreifende Aktivitäten und Projekte anstößt.
Marco Bogade, Akademie Mitteleuropa e.V., Bad Kissingen
E-Mail: projektkoordinator@heiligenhof.de
Konferenzübersicht:
Zusana Finger (München), Jakub Děd (Braunau/Broumov), Marco Bogade (Bad Kissingen): Begrüßung, Vorstellung, Einführung in das Thema des Workshops
Timo Saalmann (Nürnberg): Musealisierung fränkisch-jüdischer Geschichte und Kultur in der Ausstellung „Jüdisches in Bamberg“ (Museen der Stadt Bamberg)
Nathanja Hüttenmeister (Essen): epidat – die epigrafische Datenbank historischer jüdischer Friedhöfe in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel des jüdischen Friedhofs in Bayreuth
Karel Velkoborský (Neuern/Nýrsko): Geschichte der jüdischen Friedhöfe in Böhmen
Otokar Löbl (Frankfurt am Main): Ausstellung zur Kulturgeschichte der Juden in Saaz/Žatec
Josef Märc (Aussig/Ústí n. L.): Jüdisches Leben im Erzgebirge. Die Gemeinde Kallich/Kalek
Bára Větrovská (Aussig/Ústí n. L.): Gedächtnisverlust – jüdische Denkmäler in Nordwestböhmen
Stanislav Děd (Komotau/Chomutov): Pflege der Denkmäler jüdischer Persönlichkeiten in Nordböhmen
Peter Brod (Prag/Praha): Denkmalpflege der jüdischen Gemeinde in Prag
Martin Krsek (Aussig/Ústí n. L.): Jüdische Spuren in der Architektur der Stadt Ústí/Aussig
Růžena Kormošová (Neudorf/Spišská Nová Ves): Das Projekt „Lost neighbours“ in Neudorf/Spišská Nová Ves
Daniela Eisenstein (Fürth): Musealisierung jüdischer Kulturgeschichte – das Jüdische Museum in Fürth
Frische Luft auf dem Sudetendeutschen Tag in Augsburg
Beim traditionellen Pfingstreffen der Deutschböhmen erfährt der neue Kurs der Landsmannschaft große Zustimmung – Förderverein der Stadt Saaz|Žatec unterstützt Bernd Posselt – Ausstellung „Wilde Vertreibung“ zieht viele Besucher an
Reißt die Fenster auf! Lasst frische Luft herein! Habt keine Angst! Das, liebe Landsleute, ist ein ganz entscheidendes Wort. Habt keine Angst. Wir wollen die Fenster aufreißen, wir wollen die frische Luft herein lassen, wir wollen einen festen und realistischen Blick in eine bessere Zukunft tun.
Mit diesen Worten schloss Bernd Posselt, Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL), seine Festrede zum Pfingsttreffen 2010. Er nahm darin einen Anlauf, seinen Verband aus dem Abseits verhärteter und überholter Positionen herauszuführen.
Nun, fünf Jahre später, hat er einen Teil seines Ziels erreicht. Die Bundesversammlung der Sudetendeutschen strich vor kurzem mit der überwältigenden Mehrheit von knapp 72 Prozent die Forderung nach „Wiedergewinnung“ der Heimat und „Rückgabe des konfiszierten Eigentums“ aus der Satzung, die als Gebietsanspruch missverstanden werden kann und der Aussöhnung mit den Tschechen im Wege steht. In der Tschechischen Republik nimmt seit 2010 die Wahrnehmung des Leidens der Sudetendeutschen während und durch die Vertreibung zu. Jüngstes Beispiel dafür ist das Bedauern des Brünner Stadtrats über die Vertreibung der deutschen Mitbürger am 30. Mai 1945. Beim sogenannten „Brünner Todesmarsch“ wurden 20.000 Deutsche aus der Stadt vertrieben, mehrere Tausend starben dabei an Hunger und Erschöpfung. Bernd Posselt sagte dazu, er rechne mit ähnlichen Erklärungen in anderen Kommunen.
In seiner Rede am Pfingstsonntag, den 24. Mai 2015, in der Augsburger Schwabenhalle warb Posselt für eine „Wiederbelebung der Partnerschaft“ von Deutschen und Tschechen. Es gehe für die Sudetendeutschen „nicht darum, dass wir Wunden lecken, es geht auch nicht darum, dass wir irgendwelche Schmerzen über die Generationen hinweg am Leben erhalten wollen“. Vielmehr sei es „für uns ganz entscheidend, dass offen, ehrlich, ungeschminkt, ohne etwas zu verschweigen und ohne etwas zu beschönigen über das Verbrechen der Vertreibung gesprochen wird, im Sinne eines „nie wieder“. Dies sei „ein Dienst an der Zukunft“.
Die Rede wurde überwiegend positiv aufgenommen, vereinzelte Pfiffe änderten daran nichts. Ministerpräsident Seehofer nannte Posselt einen „Brückenbauer“. Im Vorfeld des Pfingsttreffens hatte er bereits den „Verzicht der Sudetendeutschen auf Restitution und Entschädigung“ gelobt. Das gefiel allerdings nicht allen. Wie schwer sich Teile der Landsmannschaft mit dem neuen Kurs tun, zeigen die Reaktionen in einigen Ortsverbänden, wo von „Verrat“ die Rede ist. Der sudetendeutsche Witikobund verbreitet gar, wer das Recht der Vertriebenen auf Heimat und Restitution leugne, sei ein Verbrecher; die Satzungsänderung bedeutete „den Schlussstrich unter das Sudetenland“.
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Auch der Förderverein der Stadt Saaz|Žatec unterstützt den Reformkurs der Landsmannschaft. Otokar Löbl, der Bernd Posselt schon 2010 öffentlich ermuntert hat, den Worten Taten folgen zu lassen, erklärte jetzt, die neue Politik entspreche dem Geist des „Saazer Weges“, er werde sie deshalb mit vollen Kräften unterstützen. Auf Einladung der Landsmannschaft zeigte der Förderverein in Augsburg noch einmal die Ausstellung „Wilde Vertreibung“. Dort war neben den Schrecken der Vertreibung auch zu sehen, was Posselt in seiner Rede nur indirekt andeutete: dass die Deutschen in Böhmen – nicht nur Hitlers Besatzungsarmee, sondern auch die ansässigen Sudetendeutschen – zwischen 1938 und 1945 Schuld auf sich geladen haben. Die Vertreibung kam nicht aus heiterem Himmel, auch wenn es vielen so scheinen wollte.
Die Ausstellung war schon bei früheren Pfingsttreffen zu sehen und traf auch damals auf Interesse. Doch diesmal waren Interesse und Zuspruch ungleich größer. Offensichtlich hat Posselts Reformkurs bei vielen Sudetendeutschen ein Umdenken ausgelöst und Menschen zum Pfingsttreffen gebracht, die in der traditionellen Konfrontationspolitik und den rituellen, realitäts- und geschichtsfernen Forderungen an die Tschechen keine Zukunft sehen. Das Diskussionsbedürfnis der Besucher war groß, die Zustimmung zur Ausstellung – von Ausnahmen abgesehen – erfreulich. Zu den Besuchern gehörte auch der Generalkonsul der Tschechischen Republik, Milan Čoupek, der die Ausstellung gerne nach München holen möchte.
Die Ausstellung war bereits in Frankfurt am Main (März 2012), Nürnberg (Sudetendeutscher Tag Juni 2012), Straubing (August 2012), Georgensgmünd (Saazer Treffen September 2012), Wiesbaden (November 2012), Weißenburg/ Mittelfranken (August 2013) und Nürnberg (September 2013) zu sehen.
Dauerausstellung „Die Juden von Saaz“ eröffnet
Die Saazer Synagoge hat jetzt wieder eine Bestimmung | Die jüdische Geschichte von Saaz ist nicht vergessen | Festliche Eröffnung mit der Prager Klesmer-Band „Trombenik“ | Warnung vor neuem Antisemitismus | Ausstellung auch mit deutschem Text | Eröffnung am 3. September 2014
Die Ausstellung des Fördervereins der Stadt Saaz|Žatec e. V. dokumentiert auf 14 Tafeln Geschichte, Kultur und Schicksal der Saazer Juden vom Mittelalter bis in die Nachkriegszeit und informiert auf weiteren drei Tafeln über die Luftbrücke von Saaz nach Ekron in Israel, die im Sommer 1948 maßgeblich zur Gründung des jüdischen Staates beigetragen hat. Es ist begrüßenswert, dass sie dank des Eigentümers Daniel Černý eine Heimstatt in der Saazer Synagoge gefunden hat, die damit eine neuer Bestimmung hat. Seit der Zerstörung ihrer Inneneinrichtung in der „Reichskristallnacht“ 1938 haben dort keine Gottesdienste mehr stattgefunden.
Jüdische Kaufleute gab es in Böhmen bereits im 10. Jahrhundert. Eine erste jüdische Niederlassung in Saaz soll sich nahe der Eger befunden haben. Die erste urkundliche Erwähnung von Juden in Saaz stammt aus dem Jahr 1350. Spannungen zwischen Christen und Juden aus religiösen und wirtschaftlichen Gründen gab es immer wieder mal, doch das Saazer Judenpogrom von 1541 war der Auftakt zur Vertreibung der Juden aus der Stadt. Die Vertriebenen zogen in die benachbarten kleineren Orte, wo sie unbehelligt leben konnten. Es dauerte 200 Jahre, bis die Wohnsitzbeschränkung der Juden in Böhmen aufgehoben wurde.
Ab 1850 ließen sich wieder jüdische Familien in Saaz nieder und eine neue Blütezeit jüdischen Lebens begann. Mit ihrem Bildungsdurst, ihrem Kunstsinn, ihrer Wirtschaftskraft und ihrem sozialen Engagement trugen sie nicht unerheblich dazu bei, dass Saaz zu einer wohlhabenden Stadt mit reichem Kulturleben wurde. Der Bau der Synagoge – die zweitgrößte Böhmens und berühmt für ihre Akustik –, die Errichtung eines prächtigen Portals für den neu angelegten Friedhof und der Bau respektabler Wohnhäuser waren der sichtbare Ausdruck ihres verdienten Wohlstands.
Durch biologistisch-rassistischen Antisemitismus, der Ende des 19. Jahrhunderts aufkam und vor allem von deutsch-nationalen Kräften getragen wurde, aber auch bei tschechischen Nationalisten Anklang fand, entstand eine neue Bedrohung für die Juden. Wie sich zeigen sollte, schützte ihr patriotisches, soziales und kulturelles Engagement sie nicht vor antisemitischem Hass. Das wurde in der 1. Tschechoslowakischen Republik schlimmer und fand seinen schrecklichen Höhepunkt im Holocaust während der deutschen Besatzung 1939-1945. Die Juden wurden zuerst aus Saaz vertrieben, dann im Ghetto Theresienstadt interniert und schließlich in Auschwitz ermordet. Nur wenige von den fast Tausend Saazern israelitischen Glaubens oder jüdischer Abstammung überlebten.
Eine kleinen Nachtrag erfuhr die große Geschichte der Saazer Juden durch ein heute fast unbekanntes Ereignis aus dem Sommer 1948: Die Tschechoslowakei lieferte am Nahost-Waffenembargo vorbei über eine Luftbrücke Militärgüter nach Israel, darunter Nachbauten der Messerschmidt Bf 109G aus den Škoda-Werken sowie deutsche Waffen, die 1945 zurückgeblieben waren. Dazu wurde ein deutscher Fliegerhorst bei Saaz benutzt, auf dem in diesen Sommermonaten auch einige der wenigen überlebenden Saazer Juden als Bodenpersonal und Zulieferer aushalfen. Zdeněk Klima hat aufgrund eigener Forschungen die entsprechenden Ausstellungstafeln mit Text und Bildern versehen.
Die Texte sind dreisprachig tschechisch, deutsch und englisch.
Zur Eröffnung spielt die Klesmer Band „TROMBELIK“ aus Prag
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Ministers für Kultur der Tschechischen Republik, Mgr. Daniel Herrman, und der Bürgermeisterin der Stadt Žatec/Saaz, Mgr. Zdeňka Hamousová.
Sie wird außerdem unterstützt vom Verein der Landsleute und Freunde der Stadt Žatec, von der Jüdischen Gemeinde Teplitz , der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in der Tschechischen Republik und der Botschaft des Staates Israel in der Tschechischen Republik.
Tschechen und Sudetendeutsche in den tschechischen Medien der letzten 20 Jahre
Von Luboš Palata
Der Autor war Redakteur der traditionsreichen Tageszeitung „Lidové noviny“, die nach ihrer Einstellung durch die Kommunisten von Dissidenten 1988 im Untergrund neu gegründet wurde. Diese „Volkszeitung“, 1893 in Brünn aus der Taufe gehoben, hat seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts einen Ruf als Intelligenzblatt. Jetzt L. Palata bei der MF DNES, der meistverkauften Tageszeitung in der Tschechischen Republik. Der folgende Artikel wurde erstmals als Referat beim 11. Böhmerwaldseminar des Adalbert-Stifter-Vereins am 12. Mai 2012 in Písek vorgetragen und für den Abdruck redaktionell leicht gekürzt.
Lassen Sie mich Ihnen zu Beginn Auszüge aus einem Artikel vorlesen:
Es geht um die Sudetendeutschen und ihre Aussiedlung … In den Jahren 1938-1945 ist hier so manches passiert. Wir alle haben eine Ahnung davon, bis heute leben Menschen, die sich genau erinnern können. Doch auch in den Jahren 1945-1946 ereignete sich so manches. Daran erinnert sich kaum jemand … An vielen Orten der ehemaligen Sudetengebiete spielten sich schreckliche Dinge ab. Mein Volk war berauscht vom Sieg, um den es sich nur wenig verdient gemacht hatte … Diese Nachkriegsgeschichte unseres Grenzlandes sagt uns so manch wichtiges über uns Tschechen an der Schwelle. Einer Entscheidung, ob es eine Entschuldigung geben soll oder nicht, muss etwas vorausgehen: die Erneuerung unseres geschichtlichen Bewusstseins – und auch unseres Gewissens.
Was würden Sie tippen: Aus welchem Jahr stammt dieser Artikel? Ich werde Sie nicht lange auf die Folter spannen. Er ist aus dem allerersten Jahrgang der Lidové Noviny, den ich in unserem Archiv gefunden habe, also vom Januar 1990. Die Tatsache, dass sich die Gedanken und Appelle, die darin enthalten sind, ohne die geringste Abänderung heute wiederholen ließen, sagt etwas aus. Zum einen über die Größe des Autors dieser Zeilen, Petr Příhoda, der für mich unter den tschechischen Publizisten einer der klügsten Köpfe ist, zum anderen aber auch darüber, welch kurzes Wegstück wir in den vergangenen 20 Jahren zurück gelegt haben. Aber dazu komme ich später noch.
Eine unbekannte Welt
Es war Ende 1990, als ich als Student der Politologie an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Karlsuniversität Prag in eine mir bislang ganz unbekannte Welt eintauchte: in die Welt der Geschichte Böhmens als gemeinsamer Heimat von Tschechen und Deutschen. Ehrlich gesagt, eine unbekannte Welt war für mich damals auch die Politikwissenschaft selbst, für die ich mich an meiner zweiten Hochschule angemeldet hatte, ohne zu wissen, was dieses Wort eigentlich bedeutet.
Was an dieser Welt, für deren Entdeckung ich vor allem Professor Rudolf Kučera und seinen Mitarbeitern und Kollegen danken möchte, am meisten faszinierte, war die Tatsache, dass ich – als Absolvent eines kommunistischen Gymnasiums Mitte der achtziger Jahre – nicht die geringste Ahnung davon hatte. In den damaligen kommunistischen Lehrbüchern tauchten die Sudetendeutschen (ich bevorzuge allerdings den Ausdruck Naši Němci ,“Unsere Deutschen“, bzw. „Böhmische, mährische und schlesische Deutsche“) gleichsam wie Marsmännchen kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs auf und wurden nach Kriegsende – in einigen wenigen Sätzen – als Teil einer amorphen Masse von Nazis verdientermaßen aus Böhmen vertrieben.
Später begegnete ein junger, im Spätsozialismus aufwachsender Tschechoslowake wie ich diesen Deutschen nur noch von Zeit zu Zeit auf den Seiten von Rudé Právo, Mladá fronta oder auf den Fernsehschirmen als Verkörperung des Bösen an sich, als der weitaus größten Bedrohung, welche die der amerikanischen Imperialisten noch übertrafen. Demnach waren die Sudetendeutschen angeblich nicht nur dafür, mit Neutronenbomben das ganze tschechische Volk und alle anderen Völker des nach damaliger Terminologie so genannten „Lager des Friedens und des Sozialismus“ auszulöschen. Sie wollten etwas noch viel Schlimmeres: wieder nach Böhmen, in die Tschechoslowakei zurückkehren, wieder in den Wochenendhäusern, Dörfern und Städten wohnen, die in den Sudetengebieten lagen, mit deren Umrissen wir durch Karten, welche die Verkrüppelung der Tschechoslowakei durch das Münchner Abkommen dokumentierten, gut vertraut waren, die aber aus dem realen Leben ganz verschwunden waren. Während die Neutronenbombe eine kaum vorstellbare Bedrohung war, schien die Vorstellung eines Sudetendeutschen, der an die Tür eines Holzhäuschens schlägt, erheblich realistischer, und darum erfüllte sie auch besser ihren Zweck. Sie wurde deshalb von den Kommunisten mit besonderer Liebe am Leben gehalten.
Mit diesen Vorstellungen, von denen ich zwar ahnte, dass sie vielleicht nicht ganz der Wahrheit entsprachen, und ohne Ahnung, wie die Realität tatsächlich aussah, lauschte ich hingerissen den Vorlesungen von Rudolf Kučera und einigen seiner ähnlich denkenden Kollegen über das ertragreiche, tausend Jahre lange Zusammenleben von Deutschen und Tschechen ohne nationale Grenzen, von den Peripetien der österreichischen und österreichisch-ungarischen Monarchie, von den deutsch-tschechischen Sprachkonflikten, von deutschen Ministern in tschechoslowakischen Regierungen, von sudetendeutschem antifaschistischen Widerstand und über die Schrecken der Nachkriegsvertreibung und Aussiedlung. Im Herbst 1990 traf ich dann auf einer Burg in Bayern die ersten sudetendeutschen Politiker und sprach mit ihnen, ebenso wie mit bayerischen Studenten der dritten Generation der Vertriebenen, die erstaunlicherweise entgegen den Verlautbarungen der kommunistischen Propaganda keine drei Köpfe, Teufelshörner oder einen Huf hatten.
Havel war seiner Zeit voraus – in Tschechien und in Bayern
Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen will ich nun darlegen, was für eine große Offenbarung die Erklärung von Václav Havel für die damalige tschechische Öffentlichkeit war, als er noch vor seiner Wahl sagte:
Ich persönlich verurteile – wie auch viele meiner Freunde – die Vertreibung der Deutschen nach dem Krieg. Ich habe sie immer für eine zutiefst unmoralische Tat gehalten, die nicht nur den Deutschen, sondern in vielleicht noch größerem Maße den Tschechen selbst sowohl moralischen als auch materiellen Schaden zugefügt hat.
Auf eine solche Erklärung war die damalige tschechische – und ich wage zu sagen, auch die sudetendeutsche – Öffentlichkeit nicht vorbereitet. Die einzige größere Debatte über die Nachkriegsvertreibung der Deutschen fand [bis dahin] unter den tschechischen Dissidenten im Rahmen der Charta 77 statt, der Inhalt dieser Diskussion blieb jedoch einer großen Mehrheit der Tschechen unbekannt.
Auch in dem neuen, demokratischen tschechischen Staat, der im Bewusstsein vieler Tschechen der älteren Generation keinesfalls an Masaryks „Erste Republik“, sondern an die „Dritte Republik“ der Nachkriegszeit unter Edvard Beneš anknüpfte, billigte man im Allgemeinen die Vertreibung der Sudetendeutschen, auf die sich [seinerzeit] – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – alle, von den tschechischen Demokraten bis hin zu den Kommunisten, geeinigt hatten. An einige wenige Kritiker der Vertreibung und ihres unmenschlichen Verlaufs, unter ihnen z. B. Pavel Tigrid, erinnerte sich fast niemand mehr.
Ein ähnliches Problem, nämlich die über vierzig Jahre fehlende Diskussion mit dem tschechischen Nachbar, gab es aber auch auf sudetendeutscher bzw. bayerischer Seite, welche auf die neue Situation nach der „Samtenen Revolution“ keineswegs besser vorbereitet war als die neuen demokratischen Politiker Tschechiens. Statt eine ähnlich entgegenkommende Geste wie Václav Havel zu wagen, wurden Forderungen nach einer umfassenden tschechischen Entschuldigung sowie der Abschaffung der Beneš-Dekrete
vorgebracht und das sudetendeutsche Recht auf Heimat oder Rückgabe des
Eigentums betont oder zumindest auf Entschädigungszahlungen.
Die Reaktion der [tschechischen] Presse, mit Ausnahme der Havel nahe stehenden Lidové Noviny, war dementsprechend. Wir müssen uns jedoch dessen bewusst sein, dass – außer bei Lidové Noviny – der Journalismus damals von Leuten beherrscht wurde, die in den Jahren zuvor im besten Falle stille Unterstützer des kommunistischen Regimes waren oder – im schlechteren – zu dessen größten Propagandisten und Demagogen gehörten. Natürlich gab es auch hier, wie so oft, eine kleine Zahl von Ausnahmen unter den damaligen Journalisten. Vielen von ihnen gehört heute mein Respekt.
Der festgefahrene sudetendeutsch-tschechische Konflikt bedrohte in dieser Phase sogar die deutsch-tschechischen Beziehungen, die sich durch das Entgegenkommen Havels und des Außenministers Jiří Dienstbier in der Frage der deutschen Einheit – Tschechien verzichtete auf eine Teilnahme an den 2+4-Gesprächen – auszeichneten. Besonders Dienstbier musste dafür in der tschechischen Presse viel Kritik einstecken.
Eigenartige Symbiose zwischen Altkommunisten und Sudetendeutschen
Als die tschechoslowakische Föderation begann, auseinander zu fallen, rückte das deutsch-tschechische bzw. sudetendeutsch-tschechische Thema für eine gewisse Zeit in den Hintergrund. Dies auch dank der Tatsache, dass die beiden Außenminister, Hans-Dietrich Genscher und Jiří Dienstbier, die eher emotional als faktisch begründete Aufregung durch den Abschluss eines neuen Vertrags besänftigen konnten. Die kleine Privatisierung und Restitutionsmaßnahmen sowie die erste und zweite Kupon-Privatisierung beendeten definitiv Überlegungen über eine Rückgabe des Eigentums an die Sudetendeutschen, zumindest in physischer Form.
In dieser Zeit begannen sich in der Journalistengemeinde, die vielleicht neben der Politik den größten Generationswechsel zu verzeichnen hatte – anders ging es auch nicht –, drei Strömungen heraus zu kristallisieren. Die erste, traditionelle Richtung bestand in der fortgesetzten Propagierung kommunistischer und nationaler Positionen gegenüber den Sudetendeutschen, deren Verkörperung Jan Kovařík, ehemaliger kommunistischer Diplomat, war. Kovařík war auch an der Aushandlung des Vertrags zwischen der Tschechoslowakei und der Bundesrepublik Deutschland in den siebziger Jahren beteiligt. Die Zeitung Právo dokumentierte im Hinblick auf ihre überwiegend kommunistische und ältere Lesergemeinde alle Verwicklungen der sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen sehr detailliert und verwendete sie oft sogar als Aufmacher. Kovářík war – auch dank seiner noch vorhandenen Kontakte aus der kommunistischen Zeit – jedoch auch erster Ansprechpartner für die Führung der Sudetendeutschen, für deren Erklärungen und Gespräche Právo eine exklusive Veröffentlichungsmöglichkeit bot.
Zwischen Právo, das seinen „roten Anstrich“ nicht ganz los geworden war, und den Sudetendeutschen und ihrem Sprecher Franz Neubauer existierte in dieser Zeit eine bestimmte, eigenartige Symbiose, die wir, als Vertreter anderer Medien, etwas eifersüchtig verfolgten. Jan Kovařík hatte gegenüber uns den Vorteil, dass er offensichtlich der einzige Journalist war, der auf höchstem Niveau vom sudetendeutsch-tschechischen Thema leben konnte, wovon wir, die ebenfalls zu diesem Thema etwas publizierten oder dem wir uns in anderen Medien widmeten, nur träumen konnten. Noch größere Hardliner gab es in der rein kommunistischen Zeitung Halo noviny, die von uns jedoch nicht ernst genommen wurden und auch – wenn ich stellvertretend für meine Journalistengeneration sprechen darf – bis heute nicht ernst genommen werden.
Die „Neue Welle“ des tschechischen Journalismus
Dann gab es da meine Generation von Journalisten, die mit ihrer Arbeit erst kurz vor dem November 1989 begannen oder – wie in meinem Fall – erst danach. Uns kam entgegen, dass wir nicht belastet von einer entsprechenden Tätigkeit in der kommunistischen Vergangenheit waren oder – wie bei meinen etwas älteren Kollegen – doch nur in geringem Umfang. Andererseits lernten wir den richtigen Journalismus vielfach nach der Methode learning by doing, ähnlich eigneten wir uns so auch das nötige Wissen an. Mitte der neunziger Jahre stellte sich diese, nennen wir sie im weiteren „Neue Welle“ des tschechischen Journalismus eindeutig gegen die Vertreibung und bezeichnete sie ganz offen als unmenschlichen Vorgang, den ein demokratischer Staat nicht gutheißen könne. Einige von uns, wie etwa Martin Komárek von der Mladá Fronta Dnes, vertraten sogar die Auffassung: „Was gestohlen wurde, muss man zurückgeben.“
Außerdem existierte eine Gruppe älterer Journalisten und Publizisten, die man zusammenfassend als die „Achtundsechziger“ bezeichnen kann. Unter ihnen kristallisierte sich eine „sudetendeutsch-freundliche“ Strömung heraus, repräsentiert vor allem durch Emanuel Mandler und Bohumil Doležal, die noch weiter als Komárek ging und in einer Art Selbstgeißelung davon sprach, dass sich die die Tschechen Asche aufs Haupt streuen sollten und die Hauptursache der Vertreibung nicht der Zweite Weltkrieg oder der Nationalsozialismus, sondern der tschechische Chauvinismus und Nationalismus seien, der in Tschechien bis heute dominiere. Daneben gab es eine weitere, unserer „Neuen Welle“ des tschechischen Journalismus näher stehende Gruppe mit Leuten wie Václav Žák, Petr Příhoda, Jiří Hanák oder Josef Mlejnek, die mit uns gemeinsam allmählich einen gewissen journalistischen Mainstream bildeten.
Emanuel Mandler und Bohumil Doležal standen später hinter der Petition Smíření 95 („Versöhnung 95“), die sich als medialer Höhepunkt der Versöhnungsaktivitäten und der in den Medien aktiven tschechischen Intelligenz und Journalisten betrachten lässt. Sie forderte direkte Verhandlungen zwischen der tschechischen Regierung und den Sudetendeutschen, im Zuge derer offene Fragen der Vergangenheit gelöst werden sollten. Unter den Unterzeichnern finden wir heute in den Medien einflussreiche Persönlichkeiten, wie etwa den damals noch unbekannten Studenten Robert Časenský, heute Chefredakteur der Tageszeitung MF Dnes, Martin Zvěřina, heute Chefkommentator von Lidové Noviny, oder Pavel Šafr, der heute Chefredakteur der meist verkauften tschechischen Tageszeitung Blesk ist.
Ein Wundermittel namens Deklarace („Erklärung“)
Die politische Führung Tschechiens, darunter vor allem die tschechische Diplomatie unter Führung des tschechisch stämmigen Polen Josef Zieleniec, entschied sich jedoch, das Problem mit „München“ und den Sudetendeutschen über den Umweg „Berlin“ zu lösen. Das Projekt der „Deutsch-tschechischen Erklärung“ sollte den ursprünglichen Vorstellungen nach eine Art Tauschgeschäft sein: eine tschechische Entschuldigung für die Vertreibung, im Gegenzug die Aufgabe aller sudetendeutschen Eigentumsansprüche von deutscher Seite.
Die Berichterstattung über die „Deutsch-tschechische Erklärung“ begann erst kurz vor ihrer endgültigen Fertigstellung, da bei den schwierigen Verhandlungen der Grundsatz der Geheimhaltung gelten sollte. In Tschechien, wo sonst leider fast alles ausgeplaudert wird, gelang dies überraschenderweise auch. Ich erinnere mich sehr gerne an diese Zeit, denn niemals zuvor und niemals danach habe ich eine solche journalistische, in vielen Bereichen positive Anspannung rund um die deutsch-tschechischen Beziehungen erlebt wie bei der Deutsch-tschechischen Erklärung.
Als es einer Kollegin gelang, einen Teil des Textes in die Hände zu bekommen, wurde ihr anschließend – wahrscheinlich durch den tschechischen Geheimdienst – das Auto ausgeraubt. Entwendet wurden dabei ausgerechnet diese Dokumente zur Deutsch-tschechischen Erklärung, was gewöhnliche Diebe im Allgemeinen nicht interessieren dürfte. Dank meiner Kontakte zu deutschen Journalisten hatte ich damals als Redakteur von MF Dnes den Text der Erklärung als erster unter den tschechischen Journalisten überhaupt. Diese meine Exklusiv-Story war jedoch nach nur zwei Stunden dahin, da sich das tschechische Außenministerium entschied, nachdem es um vier Uhr nachmittags erfahren hatte, dass wir den Text haben und veröffentlichen wollen, den Text selbst über die ČTK (tschechische Presseagentur) zu verbreiten.
Leider erfüllte die „Deutsch-tschechische Erklärung“ unsere Erwartungen auch in anderer Hinsicht nicht, zumindest nicht derjenigen, die der „Neuen Welle“ angehörten. Aus allen Schlussstrichen und Schlusspunkten waren lediglich Doppelpunkte geworden, halbherzige Versprechungen und Entschuldigungen, diplomatische Tänze und der Satz, dass „die Tschechische Republik und Deutschland ihre Beziehungen nicht mit Problemen der Vergangenheit belasten werden“. Als dann Helmut Kohl darüber hinaus im Liechtenstein-Palais verkündete, dass die Erklärung keine Eigentumsansprüche der Sudetendeutschen regle, war die Enttäuschung komplett.
Aber auch wenn wir und die Mehrheit meiner Kollegen von der „Neuen Welle“ uns nur wenig begeistert von der Erklärung zeigten, so verurteilten wir doch entschieden das, was die Kommunisten, die Anhänger des rechtsradikalen Sládek, aber auch ein Teil der Sozialdemokraten um sie im tschechischen Parlament inszenierten bzw. entfesselten. Nach der Erklärung begannen schließlich einige eingeweihte tschechische Diplomaten mit einer Art Aufklärungskampagne, die vor allem auf die „Neue Welle“ zielte. Mithilfe von Dokumente wiesen sie uns detailliert nach, dass eine Schwarz-Weiß-Sicht mit dem Ziel, uns bei den Sudetendeutschen zu entschuldigen und ihnen ihr Eigentum zurückzugeben, folgendes Problem nach sich ziehen würde: nach den Pariser Verträgen von 1947 war die Beschlagnahmung des Eigentums von Sudeten- bzw. Reichsdeutschen eine „teilweise“ Kriegsreparation des besiegten Deutschlands gegenüber der Tschechoslowakei als einem der Siegerstaaten. Außerdem hatte unsere „Neue Welle“ damals nicht berücksichtigt, dass den Sudetendeutschen von der Bundesrepublik eine teilweise Entschädigung gezahlt worden war.
Eine grundsätzliche Wende
Von der Gruppe um Bohumil Doležal und Emanuel Mandler wurde diese Ansicht scharf kritisiert. Dagegen gingen Právo und Jan Kovařík nach der deutsch-tschechischen Erklärung von einer rein anti-sudetendeutschen zu einer gemäßigten Rhetorik über und begannen, den durch die Erklärung begonnenen Aussöhnungsprozess zu unterstützen, was aus meiner Sicht eine grundsätzliche Wende bedeutete.
Nach der deutsch-tschechischen Erklärung kann ein gewisser Spannungsrückgang konstatiert werden, ebenso jedoch ein Rückgang des journalistischen Interesses an der sudetendeutsch-tschechischen Problematik generell auf tschechischer Seite. Ja, es gab die individuelle Entschädigung der NS-Opfer von deutscher Seite, es gab die ersten, von Abtasten und Wortgefechten gekennzeichneten deutsch-tschechischen Gesprächsforen, [es gab auch weiter] die alljährlichen Sudetendeutschen Tage und die Ansprachen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, aber es schien, dass die ganz große Aufregung schon vorbei war. Um das Jahr 2000 rückte dann noch mal das Thema der Zwangsarbeiter in den Vordergrund, die wahrscheinlich letzte große Entschädigungsmaßnahme der Bundesrepublik, aber auch dies war nichts gegen die Spannung und die Anziehungskraft des Themas sudetendeutsch-tschechische Beziehungen in der ersten Hälfte der 90er Jahre.
Die Zeit; das Verschwinden der Generation derer, die Krieg und Vertreibung erlebt haben; entgegenkommende Gesten auf beiden Seiten der Grenze; die normale grenzüberschreitende Zusammenarbeit; der Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union; und zum Schluss sogar der Empfang des bayerischen Ministerpräsidenten und des Sprechers der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, beim tschechischen Premier Petr Nečas: alles das gab den sudetendeutsch-tschechischen bzw. deutsch-tschechischen Beziehungen eine andere Note.
Die Niederlage unserer Generation
Das meiner Ansicht nach größte Problem – und auf eine gewisse Art und Weise auch meine persönliche Niederlage – ist darin zu sehen, wie wenig es uns mit unseren eindeutigen Positionen hinsichtlich der Verurteilung der Vertreibung, der Entmythologisierung der Bedrohung durch Deutschland, Bayern und unsere ehemaligen deutschsprachigen Mitbürger und mit Vorschlägen wie z. B. der Errichtung eines Museums der böhmischen Deutschen (worüber ich schon Mitte der neunziger Jahre geschrieben habe) gelungen ist, die einbetonierte tschechische Politik in Bewegung zu bringen.
Ein bisschen besser gelang dies hinsichtlich der öffentlichen Meinung, aber auch dort mache ich mir keine großen Illusionen, dass vor allem bei der älteren Generation ein Umdenken stattgefunden hätte. Wenn ich über den Grund dafür nachdenke, dann könnte es sein, dass die Nachkriegsverbrechen [an unseren Deutschen] in Form von Morden, Vergewaltigungen, Folterungen in Konzentrationslagern und zum Schluss mit dem Abtransport in Viehwägen so schrecklich waren, dass schon ihr Eingeständnis für die Generation meiner Eltern, der die meisten tschechischen Politiker damals angehörten, eine so schmerzhafte Angelegenheit darstellt und demütigend ist, dass es fast unmöglich ist. Eine sudetendeutsch-tschechische Aussöhnung ist uns [Tschechen] also trotz aller Bemühungen einfach nicht gelungen.
Als Journalist verspürte ich jedoch nicht nur auf tschechischer, sondern auch auf sudetendeutscher Seite nicht genügend Demut und Anstrengungen und Willen zur Veränderung. Natürlich gab es Ausnahmen, aber ähnlich wie „München“, die Okkupation [der Tschechoslowakei] und die Verbrechen des Nationalsozialismus – der auch ein sudetendeutscher Nationalsozialismus war –, waren auch die tschechischen Verbrechen im Zuge der Vertreibung eine solche Schuldbelastung, dass weder Tschechen noch Sudetendeutschen sie überwinden konnten.
Mein Vater, der auch ein Kind der Kriegsgeneration ist, sagte mir, dass der November 1989 für ihn und seine Altersgenossen zu spät kam. Bis zur Rente verblieben ihm nur ein paar Jahre. Es gab nur wenige [ältere] Menschen, die [nach dem Ende des Kommunismus] den Mut und die Kraft hatten, im bürgerlichen Leben neu anzufangen. So gab es auch keinen deutsch-tschechischen Neubeginn für die Menschen, die bis zum Krieg in einem gemeinsamen Staat, einer gemeinsamen Heimat gelebt hatten. Wir Journalisten, die sich zwanzig Jahre ohne Erfolg darum bemüht haben, dass dies anders kommt – wie anders, das ist die andere Frage –, verspüren jetzt (und wahrscheinlich für immer) das Gefühl eines vergeblichen Kampfes. Ein vergeblicher Kampf der Kinder als Teil einer Familie, deren Eltern und Großeltern sich einst bis aufs Blut stritten, sich schrecklich wehgetan haben und bis zum Tod keinen gemeinsamen Weg mehr gefunden haben.
Lasst uns deshalb offen sagen: Die sudetendeutsch-tschechische Frage liegt heute schon auf dem Sterbebett. Die Generation von Zeitzeugen und direkt Beteiligten an diesem Konflikt verlässt uns, und es gibt niemanden, der sie ersetzt. Den in ganz Bayern und Deutschland zerstreut lebenden Sudetendeutschen widerfährt das Schicksal jeder Emigration, bei der die zweite und dritte Generation der Emigranten der Assimilierung unterliegt, im Falle unserer Deutschen zumal begünstigt durch die sprachliche Einheit mit der Umgebung. Ein Brandherd der gemeinsamen Geschichte ist heute vielleicht beseitigt, er schwelt nicht mehr, aber es wurde auf ihm auch nichts mehr neu gebaut oder wird neu gebaut werden. Vielleicht nur noch ein Kreuz und eine Gedenkstätte.
Die Sudetendeutschen machen keinen Spaß mehr
Heute habe ich es als Journalist mit einem Problem ganz anderer Art zu tun als etwa in den neunziger Jahren, als wir das Gefühl hatten, die tschechische Sicht auf die Vertreibung der Sudetendeutschen zumindest in Richtung einer tschechischen Entschuldigung oder des Bedauerns lenken zu müssen. Heute stoße ich bei den Kollegen der jüngeren Generation, die aktuell in den Medien zwar nicht die Mehrheit, aber doch einen bedeutenden Teil ausmachen – ich als 45jähriger bin da eher schon ein Veteran –, immer wieder auf absolutes Desinteresse. Kein Interesse an den Sudetendeutschen, keines an der Erinnerung an die gemeinsame Geschichte, keines daran, überhaupt einen Standpunkt zur Vertreibung der Sudetendeutschen einzunehmen. Die grundsätzliche Haltung ist dabei, dass ihnen das eigentlich keinen Spass macht oder kein Interesse weckt, ebenso wie es auch die Chefs der tschechischen Medien nicht mehr interessiert, da sich mit den Sudetendeutschen keine Schlagzeile mehr produzieren läßt. Ich vereinfache sicher etwas, wenn ich meine, dass die Sudetendeutschen nach der Auffassung der jüngsten tschechischen Journalistengeneration in etwa auf dem Niveau der in Wien lebenden Tschechen anzusiedeln sind.
Man kann zwar vor allem bei jungen Menschen in den früher deutschen Städten des Grenzgebiets einen gegensätzlicher Trend beobachten, was das Interesses an der Geschichte ihrer Wohnorte angeht. Dennoch muss ich feststellen, dass wir heute bei der Beschäftigung mit dem sudetendeutsch-tschechischen Thema mit Vergessen und Desinteresse kämpfen. Falls wir, denen daran liegt, dass dies nicht in Vergessenheit gerät, es nicht schaffen, uns dem entgegenzustellen, so kann es sein, dass während der nächsten 10-15 Jahre die Vertreibung ihre mentale Vollendung findet. Wenn wir zulassen, dass die Erinnerungen an das Zusammenleben von Tschechen und Deutschen in Tschechien verschwinden; falls wir Tschechen es zulassen, dass die Sudetendeutschen als Bestandteil der tschechischen Kultur im [bundes-] deutschen [Bevölkerungs-] Meer verschwinden, falls die Sudetendeutschen keinen Weg zur positiven Rückkehr in das tschechische Bewusstsein finden, dann hat die Vertreibung sieben Jahrzehnte nach dem Krieg ihren Zweck erfüllt. Das wäre das Traurigste, was passieren könnte.
Übersetzung: Wolfgang Schwarz | redaktionelle Ergänzungen in eckigen Klammern